31.08.2023
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RF
Ausgabe 03/2023
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8 Min

RF Praxis

Chatterbait oder Bladed Jig?

Kaum ein Ködertyp hat in den letzten Jahren einen solchen Boom erlebt wie der Bladed Jig. Warum nicht jeder dieser Köder gleich ein echter „ChatterBait“ ist, und wie die Fransenköder mit Metallblatt so populär wurden, weiß Stephan Pechel.

Chatterbait oder Bladed Jig?

Bild: Stephan Pechel

Als Ron Davis Senior aus Rock Hill, South Carolina, vor mehr als zwei Jahrzehnten den Original-Chatter Bait in den USA entwickelte, hat er es sich vermutlich nicht träumen lassen, dass seine Köder irgendwann einen Erfolgszug auf der ganzen Welt antreten werden. Nur selten hat sich eine Köder­idee in so vielen Ländern als derart erfolgreich erwiesen wie seine.

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Der Entwickler, Ron Davis Sr., mit gutem Bass auf „ChatterBait“. Die Idee zu den Ködern entstand am Wasser. (Bild: Stephan Pechel)

Von der Garage in die Köderboxen

Als kleines Privatprojekt, um bei Turnieren einen eigenen Vorteil zu erlangen, gestartet, landeten die Eigenbauten nach und nach auch in den Köderboxen von Davis Angelfreunden, wanderten von dort in die Boxen weiterer Angler und mit den bemerkenswerten Fangerfolgen war der globale Siegeszug der „ChatterBaits“ irgendwann nicht mehr aufzuhalten. Aus seiner damals zwanzigjährigen Erfahrung in der Automobilforschung und -entwicklung, in der er mit Stahllitzen und anderen Hightech- Fasern arbeitete, zog Davis wertvolle Informationen, die ihm dabei halfen, seine Köderideen in die Praxis umzusetzen. Für ihn liegt die Genialität des Köders vor allem in der aktiven Mechanik zwischen dem Metallblatt und dem Jigkopf, die durch die Fransenschürze und den Gummiköder als Trailer noch verstärkt wird. „Wenn man den Köder durch das Wasser zieht, zwingt die spezielle Verbindung zwischen Blatt und Jigkopf den „ChatterBait“ dazu, mit einer zufälligen Bewegung nach rechts und links zu schwimmen“, erklärt Davis. „In Kombination mit seiner präzisen Vibration lösen die unvorhersehbaren Bewegungen des Köders intensive Reaktionen bei Raubfischen aus. Um diese unberechenbare Köderaktion zu erreichen, waren jahrelange Beobachtungen auf dem Wasser und viele Ködertests erforderlich. Der „ChatterBait“ sendet eine sehr spezifische Unterwas- servibration aus“, so der Entwickler. „Der Köder erzeugt seine eigene Unterwasser-signatur, die den Schwanzschlägen von fliehenden Beutefischen sehr ähnlich ist.“ In die Verfeinerung dieser speziellen „Geräuschsignaturen“ investierte Davis besonders viel Zeit. Wenn man seine „ChatterBaits“ auswirft und einholt, bekommt man durch die starke Vibration des Köders eine ständige Rückmeldung über die Rute. Das ist auch für den Angler fast schon hypnotisch, aber auf jeden Fall zieht es die Fische in seinen Bann.

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Das Metallblatt am Köder zorgt für den hochfrequenten Lauf des Köders und beim Angler für Zähneklappern. (Bild: Stephan Pechel)

Der Boom beginnt

Der Name „ChatterBait“ entstand interessanterweise nicht bei einem Brainstorming einer Marketing-Agentur, sondern direkt beim Fischen mit dem Köder und dem Beobachten seiner Wirkung. „Eines Tages war ich mit meinem Sohn Ronny beim Angeln, und nachdem ich den Köder eingeholt hatte und spürte, wie mein Wurfarm dabei ständig vibrierte, erwähnte ich, dass der Köder auch meine Zähne zum Klappern brachte“, erinnert sich Davis. „Wir mussten lachen, aber bald wurde uns klar, dass dieser Satz perfekt zu den Eigenschaften des Köders im Wasser passte.“ Der Name „ChatterBait“ war geboren.

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Bryan Thrift gewann zwei Jahre in Folge die FLW-Derbys und sorgte damit für eine enorme Nachfrage an „ChatterBaits“. (Bild: Stephan Pechel)


Der Bass-Profi Bryan Thrift aus North Carolina gewann 2005 und 2006 zwei FLW-Derbys (Major League Fishing), und als er dann schließlich seinen Sieges-Köder, den „ChatterBait“, vorstellte, löste er einen wahren Nachfragesturm aus. „Die großen Fische am Lake Okeechobee (Florida) hatten den Köder noch nie gesehen“, so Thrift. „Ich habe an jedem Tag des Turniers riesige Fische von 8 und 9 Pfund gefangen. Die Art und Weise, wie die Barsche auf den „ChatterBait“ reagierten, war einfach umwerfend.“Als die Nachricht von Thrifts erfolgreichem Köder die Öffentlichkeit erreichte, stieg die Nachfrage nach dem „ChatterBait“ sprunghaft an. Während Vater und Sohn Davis im Jahr 2004 lediglich 5.000 „ChatterBaits“ verkauften, stiegen die Verkäufe nach Thrifts Sieg 2005 auf 25.000 Köder und 2006 auf 100.000 verkaufte Köder an. „Wir hatten Aufträge für 500.000 Köder und die Prognosen lagen bei fast 2 Millionen“, erinnert sich Ron Davis Jr. „Uns wurde schnell klar, dass wir es uns niemals leisten konnten, so viele Köder herzustellen, geschweige denn die entsprechende Produktionskapazität zu erreichen.“

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Auch heimische Barsche lassen sich mit den US-Ködern fangen, der Ködertyp hat sich auch bei uns durchgesetzt. (Bild: Stephan Pechel)


Die Lösung kam im Jahr 2008, als Davis Senior und Junior die Rechte an dem Köder an „Z-Man Fishing Products“ verkauften. Ein lokales Unternehmen, das bereits seit mehreren Jahren die Silikonfransen des Köders lieferte und bei der Produktion von „ChatterBaits“ in seinem Hauptsitz in South Carolina half. Auch nach dem Verkauf blieben Ron und Ronny Davis als Z-Man-Designer an Bord und entwickelten weitere Modelle wie den „ChatterBait WillowVibe“, den „Hellraizer“ Topwater-Köder und weitere Designs, die sich auch aktuell noch in der Entwicklung befinden.

Auch Europa „chattert“

Wie in der Angelbranche üblich, wurde die Köderidee nach dem Erfolg in den USA sehr schnell nachgeahmt, sodass sich mit den so genannten „Bladed Jigs“ eine neue Köderkategorie in den USA etablierte. Vor wenigen Jahren schwappten die „ChatterBaits“ von Z-Man über den großen Teich, dann auch in den deutschsprachigen Raum. Auch hier fanden die Köder sehr schnell Anklang unter den Raubfischanglern, schließlich kannten auch unsere Räuber diese spezielle Köderidee bisher noch nicht.

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Vor allem große Bass, die das Laufmuster noch nicht kannten, fielen auf den neuen Köder herein. (Bild: Stephan Pechel)


Interessanterweise gingen die hiesigen Angler davon aus, dass es sich bei den „ChatterBaits“ der Firma Z-Man um eine allgemeine Köderkategorie handelt und dadurch wurden nicht nur die originalen „ChatterBaits“ unter diesem Namen angepriesen, sondern auch die Nachbauten. Insbesondere wenn bei Anbietern kein Bezug zum US-Markt bestand, wurde fälsch-licherweise der geschützte Markenbegriff „ChatterBait“ der Firma Z-Man und nicht der in den USA allgemein gebräuchliche Begriff „Bladed Jig“ verwendet. Dabei ist die Marke „ChatterBait“ nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in einer Reihe von Ländern weltweit, darunter China, Japan, Australien und ganz Europa, eingetragen und somit geschützt. Mittlerweile hat es sich jedoch herumgesprochen, dass nur die Original-Produkte von Davis und der Firma Z-Man diesen Namen tragen dürfen, von denen es inzwischen ca. 15 verschiedene Ausführungen in mehreren Gewichten gibt. Wer die „ChatterBaits“, oder andere Bladed Jigs bisher noch nicht getes­tet hat, sollte ihnen eine Chance geben. Die originalen „ChatterBaits“ von Z-Man werden im deutschsprachigen Raum über www.camo-tackle.de an den Fachhandel vertrieben.

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Aus dem einstigen Ur-Chatterbait von Davis sind mittlerweile 15 Variationen des Köders entstanden. (Bild: Stephan Pechel)

Autor: Stephan Pechel