09.02.2022
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F&F
Ausgabe 03/2022
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11 Min

Praxis

Der Twitchmaster

Es ist unglaublich, wie viele Kapitale Fische dieser kleine Wobbler gefangen hat. Was dahinter steckt und worauf es bei der Köderführung ankommt, verrät Mitentwickler Birger Domeyer.

Der Twitchmaster

Bild: F&F

Lass uns einen richtig guten Twitchbait bauen“, sagte ich vor Monaten zu Gregor Babiarz von Hybrida. Und jetzt stehe ich in seinem Boot, die Rute unter Volllast und eine kreischende Bremse vor Augen. Ein riesiger Hecht zerrt an der feinen Aus­rüstung, nachdem er den kleinen Wobbler-Prototypen attackiert hat, und strapaziert mein 3-Kilo-Titanvorfach aufs Äußerste. Ob das gut geht?
Eigentlich war unsere Idee noch vor einigen Monaten, einen Wobbler für die Barschangelei zu bauen. Einen sogenannten „Twitchbait“. Diesen Ködertyp zeichnet aus, dass er ziemlich quirlig ist, wenn man ihn zupft. Dabei schießt er unberechenbar zur Seite, nach oben, manchmal sogar ein Stück zurück. Diesen flippigen, hochfrequenten Lauf lieben Barsche und das ganzjährig. Während man diesen Wobblertyp im Sommer schnell durchs Wasser peitscht, kann er auch eine ganz andere Facette zeigen. Den ausbrechenden Lauf kann man auch langsam erzeugen, lange Pausen einlegen, den Köder in der Wassersäule hängen lassen.
Man fischt damit also kleine Plätze sehr langsam im Mittelwasser aus, wie es kein anderer Köder schafft. Und genau dieses langsame, aber gleichzeitig auffällige Laufverhalten hat nicht nur große Barsche überzeugt. So kam es zu der eingangs beschriebenen Szene, bei der ein 1,27 Meter langer Hecht den kleinen Wobbler in der Haltephase attackierte und mit etwas Glück gelandet wurde. Erst haben wir diesen Fang noch als Glückstreffer eingestuft. Aber am Tag darauf folgte der nächste Großhecht, im darauffolgenden Sommer dann sogar regelmäßig Hechte in der Meterklasse. Zufall? Unwahrscheinlich. Jetzt würde ich nicht unbedingt dazu raten, gezielt mit so einem kleinen Wobbler auf Riesenhechte zu fischen, aber es zeigt doch, wie groß das Potenzial eines ausgereiften, kleinen Wobblers sein kann.

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Kein Zufall? Nur einen Tag nach dem 1,27-Meter-Hecht beißt schon wieder ein Kapitaler auf den Twitchmaster. (Bild: )

Die richtige Schaufel

Bis zum Schlusspunkt der Entwicklung des Twitchmasters hat es aber eine ganze Weile gedauert. Sehr erstaunlich war, wie sich vermeintliche Kleinigkeiten an der Tauchschaufel oder bei der Bleiverteilung gravierend auswirken. Ganz einfach ist es nämlich, einen stark wackelnden Wobbler mit der klassischen Crankbait-Aktion hinzubekommen. Nur leider bricht dieser Köder-Typ kaum seitlich aus und läuft sehr berechenbar. Wir wollten ja etwas anderes. Nach vielen, nicht wirklich zufriedenstellenden Versuchen gingen wir irgendwann schließlich dazu über, die gefrästen Polycarbonat-Tauchschaufeln mit einer Kneifzange und Schleifpapier am Wasser zu bearbeiten. Direkt beim Angeln. Sozusagen Stück für Stück abtragen, bis der Lauf passte. Oder bis man ihn ganz versaut hatte. Auch das ist hin und wieder passiert. Aber am Ende ist alles gut gegangen, und wir hatten unseren Twitchbait de luxe mit den gewünschten Eigeschaften: hochfrequenter Lauf, starkes Ausbrechen beim Zupfen, ein schwebendes bis langsam aufsteigendes Schwimmverhalten. Perfekte Voraussetzungen, um Langsamkeit und Aggression in einem Köder zu vereinen. Und das Langsame ist wichtig, denn wirklich fischbar waren die ersten Prototypen, die wir fertig hatten, erst im Februar. Und da ist das Wasser bekanntlich kalt, die Fische träge. Ich bin aber schon lange ein Verfechter des sehr flachen Angelns auf Winterbarsche, da sollte so ein Wobbler gut funktionieren.

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Jetzt kommen die Quetschhülsen (Krimps) ins Spiel. (Bild: Christopher Paschmanns)

Viele Pausen einlegen

Die Technik für die kalten Winterbarsche ist einfach, bedingt aber auch etwas Geduld. Gehen wir zunächst davon aus, dass wir vom Ufer aus in einem Baggersee fischen. Dann werfe ich den Wobbler meistens schräg nach vorne weit aus und kurbele ein paar Umdrehungen, damit er etwas auf Tiefe kommt. Beim Twitchmaster sind das etwa zwei bis zweieinhalb Meter. Dann fängt die langsame und sehr abwechslungs­reiche Führung an. Auf einen oder zwei kleine Zupfer folgt eine Pause von einer bis drei Sekunden, dann kurbelt man zügig ein kleines Stück und zupft erneut in die Schnur. Es folgt wieder eine Pause, ein Zupfer, eine weitere Pause.

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Mit einem Pulla ziehe ich den Knoten sauber zu. (Bild: Christopher Paschmanns)
Unter Wasser kann man sich das so vorstellen: Der Twitchwobbler bricht durch die Zupfer seitlich aus, fängt sich wieder, schwebt in der Wassersäule und fängt dann eventuell langsam an aufzusteigen. Dann flitzt er wieder ein Stück voraus, bricht erneut aus und hängt in der Pause nur da. Die Pausen sind von entscheidender Bedeutung, weil die meisten Räuber im Winter Zeit brauchen. Zeit für eine Entscheidung, ob diese Beute auch lohnenswert ist. Zeit, um eventuell aus vier oder fünf Metern das zappelnde Objekt wahrzunehmen und die Strecke nach oben zu überwinden. Fischt man zu schnell mit kurzen Pausen, erwischt man nur die Räuber, die an dem Tag sehr aktiv sind oder gerade jagen. Wir wollen aber mög­lichst viele Fische ansprechen, auch die unentschlossenen, passiven.

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Das Boom hält besonders gut mit einer Quetsch­hülsen-Schlaufe. (Bild: Christopher Paschmanns)
Besonders lange Pausen lege ich ein, wenn sich der Köder in der Nähe des vermeintlichen Hotspots bewegt. Also wenn er in die Nähe der Uferkante kommt, neben dem Bootssteg zappelt, oder wenn ich über etwas tieferem Wasser fische. Die Fische sollen Zeit haben, sich ihm zu nähern, auch über mehrere Meter Distanz. Für diese Köderführung braucht man etwas Geduld, aber sie lohnt sich. Denn an manchen Tagen mögen es gerade die Kapitalen nicht so schnell.

Im Sommer schneller

Da wir den Twitchmaster bereits mehr als eine ganze Saison im Einsatz haben, gibt es natürlich auch schon Erfahrungen im warmen Wasser. Mit steigender Aktivität der Räuber kann man auch das Lauftempo erhöhen. Für Flussbarsche im Sommer muss man kaum Pausen einlegen, auch wenn sie nicht stören. Denn grundsätzlich langweilt Barsche ein zu langsamer Köder, es sei denn, er springt hektisch von einer auf die andere Seite. Das interessiert sie immer, auch wenn man den Twitchwobbler insgesamt recht gemächlich führt.
Ich bleibe aber auch im Sommer ganz gerne bei einer insgesamt langsamen bis mittelschnellen Köderführung, weil ich die Zander auch noch fangen möchte. Die wiederum brauchen ihre Zeit. Wenn man tagsüber ein in der Abbruchkante liegendes Glasauge überreden möchte, aus seinem Dämmerzustand zu erwachen und nach oben zum Wobbler zu steigen, braucht dieses dafür ein bisschen Entscheidungshilfe. Genau das sind die Pausen bei der Köderführung. Wenn wir zum Beispiel zu zweit an einer Steinpackung entlang fischen, merkt man deutlich, wer den Köder langsamer führt. Nämlich der, der mehr Zander als „Beifang“ beim Barsche-Twitchen erwischt.

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Auch Zander lassen sich tagsüber mit Wobblern fangen. Für diesen Zielfisch sind die Pausen bei der Führung auch im Sommer wichtig. (Bild: )

Wie tief darf es sein?

Mit einem weiten Wurf und feinem Barschgerät, bei dem die Schnüre wenig Wasserwiderstand besitzen, läuft der Twitchmaster maximal 2,80 Meter tief. Trotzdem fische ich ihn in Bereichen, in denen ich die Fische durchaus in fünf Metern erwarte. Im klaren Wasser steigen die Räuber locker zwei bis drei Meter nach oben, um sich den Köder zu schnappen. Nicht zu vergessen, dass gerade Barsche und Hechte grundsätzlich nicht unbedingt direkt auf dem Boden liegen, sonder gerne etwas darüber stehen. Wenn ich als Uferangler also weiß, dass die Scharkante vor mir auf etwa vier bis sechs Meter abfällt, kann ich den Twitchmaster dort gut einsetzen. Steht ein Räuber am Kantenfuß, wird er die Distanz zum Köder wahrscheinlich überbrücken. Steht er direkt in der steilen Scharkante, umso besser. Hier gilt: Wenn ich weiß, dass die Räuber eine gewisse Distanz zu meinem Wobbler überbrücken müssen, baue ich regelmäßig Pausen in die Führung ein. Fische ich dagegen im Freiwasser in einem wild raubenden Barschschwarm, kann ich den Köder auch recht schnell durchpeitschen. Laufstabil ist er natürlich auch bei sehr hohen Geschwindigkeiten.

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Die Futtermischung besteht aus Tauben­futter, Hanf und Weizen. (Bild: Frank van der Burg)
Die Affinität zu kapitalen Fischen hat der Twitchmaster überraschenderweise nicht nur bei Hechten und Barschen bewiesen. Gregor selbst wurde im letzten Sommer regelmäßig in Wallerdrills verwickelt, manchmal sogar mehrfach am Tag. Dabei hat er ganz normal im Rhein gefischt, so wie er es sonst auch im Sommer macht. Hin und wieder beißt dabei ein Wels auch auf kleine Barschköder, aber der hochfrequente Lauf des Twitchmasters hat es den Wallern anscheinend besonders angetan. Leider nicht immer mit erfolgreichem Ausgang, wie man sich vielleicht vorstellen kann. Waller bis etwa 1,50 Meter Länge haben wir aber regelmäßig gelandet, dafür sind die Komponenten stark genug, ausreichend Geduld im Drill natürlich vorausgesetzt.

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Die Guldenbrücke, die über den Turfsingel-Kanal führt, ist ein Erfolg ver­sprechender Angelplatz. (Bild: Frank van der Burg)

Köder-Infos:

Den FISCH und FANG-Twitchmaster in der bewährten Hybrida-Qualität gib es jetzt mit Vorkaufsrecht (bis 15.3.22) exklusiv für Abonnenten für 18,95 € hier: www.pareyshop.de
Eigenschaften: Schwimmverhalten suspending/slow floating
Länge: 7 cm
Gewicht: 8,5 g
Tauchtiefe: etwa 2,6 m

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Der Twitchmaster: Hier die Farben Purple Perch (Artikelnr. 35010977), Blue Bait (Artikelnr. 35010978), Yellow/Olive (Artikelnr. 35010979) (Bild: Birger Domeyer)

Autor: Birger Domeyer