Egal ob Schnürsenkel oder kapitaler Schlängler - Aale machen mit dem Köder oft kurzen Prozess. Das führt zu tiefsitzenden oder gar geschluckten Haken. Aber das muss nicht sein, denn mit dem Twig-Rig kann man das effektiv verhindern. Text und Fotos: Max Seitner
Das Aalangeln ist für mich seit jeher die ursprünglichste Form des Ansitzens. Zusammen mit einem Angelkumpel in einer lauen Sommernacht auf dem Klappstuhl sitzen, die Knicklichter beobachten und ein kühles Radler genießen. Der Fangerfolg ist zweitrangig, entweder laufen sie oder auch nicht. Was mich dabei aber trotzdem immer etwas stört ist, dass Aale gefühlt jeden Köder kompromisslos herunterwürgen. Nur wer früh den Anhieb setzt, hakt den Fisch vielleicht in der Maulpartie - riskiert aber auch den Biss zu verschlagen. Was also tun? Vor allem, wenn es in dem Gewässer gefühlt mehr kleine als große Aale gibt ...
Die Idee
Meine schon fast archaisch anmutende Ansitzstrategie ist natürlich längst überholt. Besonders auf den britischen Inseln genießt das Aalangeln einen gewissen Status und wird im Rahmen des sogenannten Specimen Hunting, dem gezielten Angeln auf große Fische, höchst professionell betrieben. Der Montage wird dabei ein besonderes Augenmerk geschenkt. Angefangen von der Art und Größe der Haken, der Länge, Art und Durchmesser des Vorfachs bis hin zur jeweiligen Köderpräsentation - nichts wird dem Zufall überlassen. Vornehmliches Ziel ist nicht nur, gezielt einen großen Fisch zu überlisten, sondern diesen auch nach dem Fang wieder schonend zurückzusetzen. Die Montagen sind daher so konzipiert, dass sie ein Abschlucken des Köders samt Haken verhindern. Man kann die Erkenntnisse der Spezis auch in die heimische Angelei einfließen lassen. Zum Beispiel um untermaßige Aale nicht zu verangeln.
Klappt das wirklich?
Das Twig-Rig gehört inzwischen zu den beliebtesten Großaal-Montagen. Es gibt zwar sehr unterschiedliche Interpretationen dieses Systems, aber in diesem Artikel möchte ich mich auf die moderne Standardversion konzentrieren. Sie ist simpel aufgebaut, schnell gebunden und bereits tausendfach erprobt. Der Clou bei diesem Rig ist das nah am Haken angebrachte Carbon- oder Plastikröhrchen. Der Fisch schluckt den Köder nur bis zu dieser Versteifung und nicht darüber hinaus. Ich kann nur mutmaßen, warum das der Fall ist, aber ich gehe davon aus, dass der Aal das starre Stück schlicht als nicht fressbar wertet und deswegen den Köder nicht weiter schluckt. Daher ist weiches Material wie zum Beispiel ein Stück Silikonschlauch weniger effektiv.
Wichtig: Das Twig-Rig wird immer an einer überschweren Laufmontage angeboten. Abhängig vom Gewässertyp sind Bleigewichte bis über 120 Gramm nicht ungewöhnlich und verhindern, dass der abziehende Fisch das Blei verzieht und zu früh Verdacht schöpft.
Das braucht man
Das mit 20 bis 30 Zentimetern verhältnismäßig kurze Vorfach besteht in der Regel aus einer 35 lb tragenden, ummantelten Geflochtenen aus dem Bereich Karpfenangeln. Das Röhrchen sollte eine Länge von fünf Zentimetern und einen Durchmesser von fünf Millimetern haben. Varianten aus Carbon findet man zum Beispiel im Fachhandel für Modellbauer. Um das Röhrchen auf dem Vorfach zu fixieren, werden zwei Posenstopper benötigt. Ich bevorzuge Stopper aus einem Silikon-Tungsten Gemisch, da sie aufgrund des etwas höheren Eigengewichts das Röhrchen garantiert flach auf den Boden drücken. Als Haken verwende ich je nach Köder Karpfenhaken der Größe 6 bis 4, wahlweise mit weitem Hakenbogen. Wer noch schonender angeln möchte, kann den Widerhaken auch mit einer Zange andrücken. Da sich Aale im Drill wie wild drehen und winden, benötigt man für die Verbindung zur Hauptschnur einen sauber arbeitenden Wirbel, idealerweise ein kugelgelagertes Modell. Möchte man mit einem Köderfisch oder Teilen davon angeln und die Montage hechtsicher gestalten, kann man das Twig-Rig auch ohne große Umstände mit einem Stahlvorfach binden. Hierfür braucht man lediglich zusätzlich noch Quetschhülsen und eine Quetschhülsen-Zange.

Das Twig-Rig wird größtenteils mit Komponenten aus dem Karpfenangel-Bereich gebunden. Lose Plastikröhrchen sind nicht überall erhältlich, jedoch können kurze Anti-Tangle-Booms dafür zweckentfremdet werden. Die Enden des Röhrchens sollte man kurz erhitzen, damit sie keine scharfen Kanten haben. (Bild: Max Seitner)

Das Vorfach wird auf 30 Zentimeter abgelängt und nur am vorderen Ende von der Ummantelung befreit. Dadurch bleibt das kurze Stück zwischen Haken und Röhrchen beweglich. Mit einem No-Knot Knoten wird nun der Haken an das Vorfach gebunden - wahlweise mit oder ohne Haar. (Bild: Max Seitner)

Um den Knoten vor den feinen Raspelzähnen zu schützen, wird ein kurzes Stück Schrumpfschlauch darüber gezogen. Über Wasserdampf geht das Schrumpfen am besten, mit einem Feuerzeug sollte man vorsichtig hantieren und nur die indirekte Hitze nutzen, um die Schnur nicht zu beschädigen. (Bild: Max Seitner)

Nun wird ein Stopper bis kurz vor das Hakenöhr geschoben, gefolgt von dem Röhrchen und einem zweiten Stopper. Der Abstand zwischen Haken und „Twig“ sollte maximal drei Zentimeter betragen. (Bild: Max Seitner)

Abschließend wird noch ein stabiler Wirbel als Verbindung zur Hauptschnur angeknotet und mit einem Sleeve gesichert. (Bild: Max Seitner)
Welcher Köder passt am besten?
Das Twig-Rig kann mit einer Vielzahl von Ködern bestückt werden, entweder direkt auf dem Haken oder am Haar. Klassiker wie Wurm-, Muschel- oder Fischstücke können problemlos auf beide Weisen angeködert werden. Wer mit kleinen Pellets, Paste, Leber, toten Maden oder sehr fein gehackten Wurm- oder Fischstückchen angeln möchte, greift am besten zum Mesh (zum Beispiel Fox Arma Mesh) oder einem Stück Netzstrumpf. Da diese kleinen Duftbomben etwas sperriger zum Anködern sind, werden sie bevorzugt am Haar oder einem Wide-Gape Haken angeboten.

Das Twig-Rig ist sehr variantenreich und kann auf viele Situationen und Köder maßgebunden werden. Mit oder ohne Haar (o. & mi.) oder mit einem Stahlvorfach (u.). (Bild: Max Seitner)
Materialliste
Standard
- 35 lb ummanteltes, geflochtenes Karpfenvorfach
- Carbon- oder Plastikröhrchen (5 cm Länge, 5 mm Durchmesser)
- Silikon- oder Tungstenstopper
- Silikon-Sleeve
- Schrumpfschlauch
- Karpfenhaken Größe 4 bis 6
- Wirbel
Hechtsicher (zusätzlich)
- 30 lb Stahlvorfach (7x7 geflochten)
- Quetschhülsen
- Quetschhülsenzange

Die Montage kann auch hechtsicher gestaltet werden. Hierfür kommen passende Quetschhülsen zum Einsatz, der restliche Aufbau bleibt gleich. (Bild: Max Seitner)