28.11.2023
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WUH
Ausgabe 23/2023
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10 Min

Taubenjagd

Erfolgreich im Winter

Bei der Lockjagd auf Ringeltauben denken die meisten an Getreidestoppel und nicht an die kalte Jahreszeit. Doch auch die verspricht reichlich Beute, wenn man weiß, wie es funktioniert. Rudi Semmelroth

Erfolgreich im Winter

Bild: Rudi Semmelroth

Mit der Klimaerwärmung sind die Strecken der Ringeltaube im vergangenen Jahrzehnt stark zurückgegangen. Allein im Taubenland NRW hat sie sich auf unter 300 000 halbiert. Die hauptsächliche Ursache liegt in den milden Wintern und der verstärkten Mast. Die Folge: Der Zuzug aus nord-­östlichen Ländern in den Wintermonaten nimmt zunehmend ab. Zudem wurde in NRW die Allgemeinverfügung zur Schonzeitaufhebung nicht mehr verlängert und somit die viel praktizierte Jagd auf den Stoppelfeldern untersagt. Was aber viele nicht wissen: Sie können durchaus auch gute Strecken bei der Lockjagd in den Wintermonaten erzielen, wenn Sie die nachfolgenden Tipps berücksichtigen.


1. Aufklären


Die wechselnden Äsungsflächen zu ­erkunden, ist grundlegend für den Jagd­erfolg. Stellen in Siedlungsnähe sind vielversprechend, da dort viel Äsung bspw. in Form von Grünflächen (Gärten, Parks, Friedhöfe) zur Verfügung steht. Im November werden auch Stoppeln von spät geerntetem Körnermais intensiv angenommen. Bei milden Temperaturen stehen auch Felder mit grüner Blattmasse, wie Winterraps, Klee und Weideflächen, hoch im Kurs. In Mastjahren sind besonders bei Kälte Eichen- und Buchengruppen Erfolg versprechend. Junge Gemüsepflanzen und geschlegelte Mais-Wildäcker üben ­generell einen besonderen Reiz aus. Bevor die Ringeltauben zur Äsung einfallen, baumen sie in den frühen Morgen­stunden erst einmal auf. Dabei bevorzugen sie hohe Bäume, die eine Jagd mit der Flinte erschweren. Ein nach oben hin offener Hochstand an der richtigen Stelle macht sich dort bezahlt.

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Es ist grundlegend, sich ein Bild zur aktuell beliebten Äsung und den von den Tauben angenommenen Flächen zu verschaffen. (Bild: Christian Schätze)


2. Wind und Wetter


Sind sehr hohe Bäume oder Wälder in der Nähe der Äsungsfläche, ist die Jagd bei starkem Wind (zwischen 25 und 35 km/h) besonders vielversprechend, da Tauben dann ungern aufbaumen. Die Anflüge erfolgen gehäufter, wobei auch das Lockbild besser angenommen wird. Bei stärkerem Wind streichen die Tauben gegen die Windrichtung an, sodass die Tarnstände entsprechend positioniert werden müssen. Da die Windrichtung im Tagesverlauf mitunter variieren kann, sollten Lockbild und/oder Tarnschirm versetzbar sein, um eine optimale Schussposition zu gewährleisten.Eine Jagd bei Sturm (ab 50 km/h) setzt eine genaues Wissen über die Flugrouten voraus. Tauben nutzen windarme Korridore, die von den üblichen Routen abweichen. Gute Strecken sind dann – auch ohne Lockbild – nur unmittelbar an diesen Flugrouten möglich. Bei kaltem, sonnigen Hochdruckwetter mit wenig Wind lassen sich die Geringelten die Sonne auf das Gefieder scheinen. Sie nehmen das Lockbild ­wesentlich schlechter an, auch weil sie die Attrappen früher durchschauen. Unter diesen Bedingungen sollte man besser auf einen Wetterumschwung warten. Nieselregen mit Wind sind gute Bedingungen, da die Tauben tief streichen. Regnet es aber anhaltend, kommt der Flug gänzlich zum Erliegen. Bei durchgängiger Schneedecke ist die Blendwirkung für die Lockjagd zu groß. Es hat sich bewährt, dann einen Bereich vom Schnee zu räumen.

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Klare Wintertage sind kein gutes Jagdwetter. Sie verleiten die Geringelten zum Sonnenbaden in den Kronen. (Bild: Rudi Semmelroth)


3. Zeitpunkt


Der intensivste Anflug erfolgt i. d. R. von Dezember bis Mitte Januar. Dann sind die Tage sehr kurz, und kalte Nächte veranlassen die Tauben bereits am frühen Morgen, die Äsungsflächen aufzusuchen. Wegen der tiefen Sonne und dem meist diesigen Wetter streichen diese zudem niedrig. Bei den bereits milderen Wetterlagen im Februar ist die Äsungssuche nicht mehr so intensiv. Die Tage werden wieder länger, und bei klarem Himmel und Sonne sitzen die Tauben – besonders bei geringem Wind – die Jagd aufgebaumt aus. Zudem nehmen sie ab einer Temperatur von ca. ­ 10 °C kaum noch Maiskörner auf, da sie frische Blattmasse bevorzugen. Die Konzentration auf wenige Äsungsflächen lässt deutlich nach. Bezgl. der Tageszeit findet der stärkste Anflug i. d. R. zwischen 10 und 13 Uhr statt. Am frühen Vormittag sind große zustehende Schwärme ­keine Seltenheit. Die sollten nicht beschossen werden, da sich die Geringelten später oft in kleine Trupps aufteilen und die Äsungsfläche erneut ansteuern. Dann winkt durch den vermehrten Anflug eine höhere Strecke. Zum Nachmittag geht er jedoch stetig zurück. Ab ca. 15 Uhr baumen die Tauben nur noch auf. Spätestens dann ergibt die Jagd mit dem Lockbild kaum noch Sinn.

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Am Morgen sollten große Taubenschwärme pardoniert werden. Oft spalten sie sich im Laufe des Tages zu kleineren auf, die das Lockbild erneut annehmen. (Bild: Rudi Semmelroth)


4. Tarnschirm


Ein paar Stangen mit einem Tarnnetz bieten nur unzureichend Windschutz, und der matschige Ackerboden ist weder für warme Füße noch für die Ausrüstung gut. Winddicht verkleidete Stände mit hoher Rückwand und Boden sind deshalb erste Wahl. Sich nach vorn vertiefende Seitenwände ermöglichen es, einfallende Tauben zu beschießen. Es wird möglichst leichtes Material gewählt, ­sodass sich der Schirm gut umstellen lässt. Bewährt hat sich eine umgebaute IBC-Gitterbox, die mit wetterfestem Markisenstoff verkleidet und farblich an die Umgebung angepasst wird. Montierte Schubkarrenräder bringen Mobilität. Ein hoher, drehbarer Hocker erhöht den Komfort und verringert auffällige Bewegungen. Diese Schirme lassen sich auch für andere Jagd­arten einsetzen und halten sehr lange.

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Winddicht, leicht und mobil sind Eigenschaften der vom Autor bevorzugten Tarnstände Marke Eigenbau. (Bild: Rudi Semmelroth)


5. Schirm und Lockbild


Bei Wind unter ­20 km/h­ wird der Schirm 10 bis 20 m vor den Bäumen platziert, in denen die Tauben aufbaumen. Der Abstand bietet freies Schussfeld vor den Kronen. Das Lockbild wird 30 bis 50 m vom Schirm entfernt unter der Flugroute aufgebaut. Das bewirkt, dass die Tauben beim Überstreichen ihre Flug­höhe reduzieren, später am Tag dort einfallen oder die Bäume über den Tarnstand hinweg annehmen. Ab etwa 10 Uhr oder bei Wind ab 25 km/h wird der Schirm um 20 m in Richtung des Lockbildes verlegt, da die Tauben dann weniger aufbaumen und vermehrt einfallen.Das Lockbild wird so U-förmig ausgelegt, dass die Tauben gegen den Wind in den offenen Bereich einfallen oder niedrig überfliegen. Der Schirm wird 20 m entfernt mit dem Wind im Rücken errichtet. Nach dem ersten Schuss können abdrehende Tauben durch den günstigen Schusswinkel nochmals seitlich bestrichen werden.Man muss darauf achten, keine Bäume vor sich zu haben. Sonst streichen die Geringelten wegen des Hindernisses sehr hoch an. Lässt sich das nicht vermeiden, ist die Jagd mit einem Schirm in Baumnähe und einem 2. Schützen am Lockbild vielversprechender. Der Abstand der Attrappen zu den Bäumen sollte dann mind. 60 m betragen, um den Tauben Gelegenheit zu geben, ihre Flughöhe zu reduzieren.

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Eine Frage der Tageszeit: Während der Schirm am Morgen näher an den Fallbäumen platziert wird, wandert er im Laufe das Tages näher ans Lockbild. (Bild: Rudi Semmelroth)


6. Locktauben


Erlegte Ringeltauben haben die beste Lockwirkung. Sie sollten sofort in das Lockbild integriert werden, da anstreichende Tauben sie als erstes wahrnehmen. Den Kopf dabei so mit einem Holz- oder Metallspieß fixieren, dass der Hals nicht langgezogen wird und der weiße Gefiederstreifen auf den Schwingen sichtbar ist. Zudem haben sich die mit Fotodruck versehenen Fold-up-Decoys (FUD) bewährt. Falls erlaubt, erhöht ein Taubenkarussell die Lockwirkung ungemein. Dafür erlegte Tauben zu verwenden, ist derzeit in NRW jedoch nicht erlaubt.
An windigen, bedeckten Tagen erzeugen bereits etwa 20 Locktauben eine ausreichende Wirkung. Bei klarem oder aufgelockertem Himmel mit wenig Wind benötigt man die doppelte Menge. Bei starkem Wind sollte man etwa ­ 80 % der Locktauben gegen den Wind ausrichten, bei schwachem nur die Hälfte. Der Abstand der Attrappen zueinander beträgt mind. 2 m. Gleichsam werden ungefähr 50 % pickend ausgerichtet. Auf Gleitern befestigte Hypa-Flap-­Attrappen­, deren Schwingen sich im Wind bewegen, helfen, den Lockeffekt zu verstärken. Auf jeden Fall sollten 3 bis 4 erlegte Tauben mit gespreizten Schwingen im offenen Bereich des Us ausgelegt werden. Aus der Vogelperspektive täuschen sie einfallende Tauben vor.

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Neben erlegten Ringeltauben haben sich besonders fotorealistisch bedruckte FUD-Attrappen bewährt. (Bild: Rudi Semmelroth)


7. Flinte und Munition


Ich empfehle eine Selbstladeflinte. Sie lässt sich im Schirm leicht laden und überzeugt durch einen geringen Rückstoß. Eine schwere Wurftaubenflinte ist ebenfalls gut geeignet. Sie ermüdet den Schützen nicht so schnell, und das Schwingen wird durch die hohe Masse erleichtert. Auf übliche Schussentfernungen reichen Trappatronen mit 2,4-mm-Schroten bei 28 g Vorlage. Für etwas weitere Distanzen sollten max. ­ 32 ­g­ und 2,5 mm zum Einsatz kommen. Die Deckung von Patronen mit 2,7 mm oder mehr ist für die Lockjagd auf Ringeltauben zu gering, bei nahen Schüssen wird das Wildbrett zu stark entwertet. Auf sitzende oder kranke Tauben in Baumkronen ist eine Schrotstärke von 3 mm bei ­enger Chokebohrung erste Wahl.

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Selbstladeflinten haben im engen Tarnstand große Handhabungsvorteile im Vergleich zu Bock- oder Querflinten. (Bild: Markus Lotz)

Autor: Rudi Semmelroth