28.09.2023
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RF
Ausgabe 05/2023
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14 Min

RF Praxis

Knaller am Kanal

Mit Wobbler an monotonen Strecken auf Zander? Nicht gerade das einfachste Vorhaben. Aber an jeder Steinpackung kann‘s beißen, wenn man das richtigetaktische Gespür für die Besonderheiten der Schiff-fahrtsstraßen entwickelt.Text & Fotos: David Böttcher

Knaller am Kanal

Bild: David Böttcher

Wenn es ums Fressen geht, sind Zander Opportunisten – wie eigentliche alle Fische. Sie jagen da, wo es etwas zu holen gibt. Und am liebsten dort, wo der Tisch reich gedeckt ist und mit möglichst wenig Energieaufwand fette Beute gemacht werden kann. Deshalb suchen die räuberischen Kammschupper besonders in den Abendstunden und sogar in der Nacht gerne flache Uferbereiche auf, an denen Kleinfische und Krebse weniger Möglichkeiten haben, ihnen zu entkommen.

Ganz besonders in allen Gewässern, in denen es Steinpackungen gibt, tritt die-ses Phänomen der abendlichen Raubzüge fast immer auf. Kleinfischschwärme werden aus dem tiefen Wasser in Richtung der Schüttung gedrückt und können dann nirgendwo ausreichend Schutz finden. Die Zander schlagen dort meistens in kleinen Trupps zu und fressen sich an der Steinpackung satt.

Bei den Anglern ruft dieses Raubverhalten den Wobbler auf den Plan. Ein Köder, der beim Zanderangeln lange stiefmütterlich behandelt wurde, in den letzten Jahren aber einen regelrechten Boom erlebt hat. Denn in der Dämmerung und Dunkelheit bietet er klare Vorteile und ist oft den Gummiködern überlegen.

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Kanäle wirken auf den ersten Blick sehr eintönig. Deshalb gilt es dort, zunächst Strecke zu machen, vor allem entlang der Steinpackung der Schiffahrtsstraßen, um die Hotspots herauszufinden. (Bild: Böttcher)

Hauptsache Steinpackung

Die Schüttungen am Ufer sind beim Wobblerangeln an vielen Gewässern die Wegweiser zum Zander. Man kennt diese Uferbefestigungen insbesondere von den Buhnen der Gezeitenflüsse oder von Hafenbecken. Aber auch Kanäle können über Steinpackungen verfügen. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Nord-Ostsee-Kanal in Schleswig-Holstein. Er war in letzter Zeit häufiger mein Ziel, um an diesem Gewässertyp zu erkunden, was an den Buhnen der Elbe hinlänglich bekannt ist.

Gewisse Unterschiede sind gleich offensichtlich. An der Tideelbe funktioniert das Zanderwobbeln blendend. Dabei sind die Tages- beziehungsweise Nachtzeiten oft weniger relevant. Die Fische orientieren sich eher an den Gezeiten. Besonders effektiv fischen wir, wenn wir bei ablaufendem Wasser bis zum Tiefststand angeln. Sollte das Niedrigwasser zufällig genau auf den Sonnenuntergang fallen, müssen wir auf jeden Fall am Wasser sein. Dann geht richtig die Post ab!

In Gewässern ohne Gezeiten, wie eben an einem Kanal, entscheiden dagegen die Tageszeit beziehungsweise die Lichtverhältnisse über die Fangchancen. Die Zander verlassen meistens ab dem sehr späten Nachmittag ihre Komfortzone am Gewässergrund und werden aktiv. Am Kanal ist also klassisches Feierabendangeln angesagt. Auch nachts funktioniert diese Methode super, absolute Dunkelheit ist aber definitiv kein Muss. Der grundsätzliche Hinweis, dass man an die Steinpackung gehen soll, hilft einem an einem Gewässer wie dem Nord-Ostsee-Kanal auf den ers-ten Blick nicht sehr viel weiter. Denn die Packungen erstrecken sich dort über viele Kilometer hinweg. Wohin also gehen?

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Dicht an der Schüttung, rauben die Zander, insbesondere wenn die Steine nur ein Stück weiter ins Wasser ragen als sonst. Aber Vorsicht: Auf der Packung ist es oft sehr rutschig, weshalb festes Schuhwerk Pflicht ist. (Bild: Böttcher)

Auf Veränderungen achten

Wie man gute Zanderspots fürs Angeln mit Wobbler ausfindig macht, ist tatsächlich ein Kapitel für sich. Am Fluss testet man am besten ein paar Buhnen und findet es auf diese Weise heraus. Nicht selten sind es solche Landzungen, die an tiefere Stellen anschließen. Am Kanal sieht das anders aus, und zwar über weite Strecken immer gleich. Die Steinpackung und Tiefe ähneln sich, alles wirkt sehr monoton auf den ersten Blick. Aber auch dort gilt: Austesten! Am Kanal machen wir einfach so viel Strecke, wie es geht, und achten dabei auf jeg-liche Formen von Unregelmäßigkeiten wie Brücken, Fähranleger, Ausweichstellen, Verengungen, Ausweitungen oder Unterbrechungen in der Steinpackung. Im Zweifelsfall sollte man nicht zu viele Zeit mit Suchen und Nachdenken verlieren, sondern einfach irgendwo anfangen und langsam weiterziehen. Auch so wird man über kurz oder lang seine Hotspots finden.

Apropos Steinpackung: Gerade wenn man in die Dunkelheit hinein fischen möchte, sind rutschige Schüttungen mit Vorsicht zu genießen. Absolut festes Schuhwerk und lange Hosen sind bei mir zu jeder Jahreszeit Standard. Leider hat es hier schon viele Angler böse er-wischt, Stürze auf die unebenen Steine sind immer brandgefährlich. Nachts gehe ich daher nur in Begleitung los.

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Auch am monoton verlaufenden Kanal gibt es besondere Strukturen, die einen intensiven Versuch lohnen. Solch eindeutige Hotspots wie diesen Einlauf findet man jedoch nicht allzu oft. (Bild: Böttcher)


Ich suche mir also einen aussichtsreichen Platz und montiere einen Wobbler. Wenn möglich, werfe ich den Köder schräg oder gar parallel zur Steinpackung, damit ich möglichst lange in der „heißen“ Uferzone fische. Selbst wenn es dort sehr flach sein sollte, gehen die Zander dort früher oder später auf Beutezug. Nicht selten habe ich gespürt, wie der Wobbler immer wieder die Steine am Boden leicht berührte, bis er dann im Zandermaul hängenblieb. Aber auch im tiefen Kanal funktioniert diese Methode genau so gut wie in der flachen Buhne.

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An Brücken ist meist was zu holen. Hier zeigt David einen von drei dort gefangenen Zandern. (Bild: Böttcher)

Lang und schlank

Für den Zanderfang haben sich lange, schlanke Wobblermodelle als ideal erwiesen. Die Vorteile dieses Ködertyps allgemein liegen auf der Hand: Wir können sie langsamer führen als Gummifische am Bleikopf. Dabei ist die Hängergefahr mit den Schwimmwobblern deutlich geringer. Die Fehlbissquote geht bei leichten, unbeschwerten Modellen zudem gegen Null. Schlanke Wobbler kommen der Originalbeute der Zander nahe, zu denen Stinte, Lauben und junge Plötzen gehören. Zudem laufen sie hochfrequent, also mit kleinen und schnellen Bewegungen. Und das schon bei den geforderten geringen Einholgeschwindigkeiten, wobei besonders der Zanderkönig-Wobbler hervor- zuheben ist. Genau das haben unsere Zielfische zum Fressen gern.

Je nach Größe der Futterfische setze ich Modelle von 7 bis 15 Zentimetern Länge ein. Der Zanderkönig zum Beispiel misst standardmäßig 11 Zentimeter, in der Ju- niorvariante sind es 8,5. Das passt perfekt! Bei der Farbe des Wobblers bin ich im Prinzip nicht sonderlich wählerisch. Wenn man ansonsten alles richtig macht, erscheint mir das Dekor eher zweitrangig. Mit einem UV-aktiven Wobbler hat man nach meinen Erfahrungen aber immer noch ein Ass im Ärmel.

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An der Steinpackung des Kanals gilt es, möglichst parallel zum Ufer zu werfen, damit der Köder lange im heißen Bereich läuft. (Bild: Böttcher)


Die Köderführung gestaltet sich betont langsam und ruhig. Der schlanke Minnow wird knapp über Zeitlupentempo eingekurbelt, Spinnstopps oder Schläge mit der Rute, die sonst die Fangchancen erhöhen, müssen jetzt überhaupt nicht sein. Nur kurbeln, einfacher geht es nicht.

Oft kommen die Bisse direkt vor dem Herausheben des Köders, man sollte den Wurf also bis zum letzten Augenblick ausfischen. Schwimmende oder schwebende Wobbler kann man dann noch einmal kurz stehen lassen, bevor man sie heraushebt. Das kann einen Biss im letzten Moment provozieren.

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Zwei Wobbler, die sich am Kanal ganz besonders bewährt haben: Oben der Zanderkönig Junior, unten das größere Standard-Modell. Zu den schlanken Ködern und ihrer langsamen Führung passen mittlere Spinnruten mit einer sensiblen Spitze und Rollen mit nicht zu hoher Übersetzung. (Bild: Böttcher)

Nicht zu harte Rutenspitze

Saugt ein Zander den extrem langsam präsentierten Wobbler ein, sitzt der Anhieb im Regelfall. Das ist nach meinen Erfahrungen auch ein Vorteil gegenüber dem Gummifischangeln mit Einzelhaken, bei dem der stark beschwerte Köder manchmal nicht komplett im Fischmaul verschwindet und der Anhieb folglich misslingt. Vor den Köder schalte ich ein langes, monofiles Vorfach, 0,35 Millimeter Durchmesser sollten reichen. Mit Hechtbissen muss man an Kanälen ja in aller Regel nicht rechnen. Mit dem Monofil- vorfach ist auch das Berühren der Steinpackung kaum ein Problem, ich kontrolliere es allerdings trotzdem nach ein paar Dutzend Würfen auf Beschädigungen. Die Hauptschnur sollte geflochten sein, sonst sind die Bisserkennung und die Kontrolle der sauberen Vibration des Wobblers deutlich erschwert.

Als Rute kommt ein Modell mit nicht allzu harter Spitze zum Einsatz, damit wir die Bisse gut erkennen und verwandeln können. Eines meiner Lieblingsmodelle ist die „Devil Stick Extention“, da die Spitze rot eingefärbt und dadurch auch im Halbdunkeln noch gut zu sehen ist. Ein absolutes Premiummodell ist natürlich die Zanderkönig-Wobblerrute. Der Blank ist in fluoreszent weißer Farbe lackiert und dadurch bei schwachem Restlicht stets gut erkennbar. Es reicht schon etwas Mondschein, damit sich die Rute vom dunklen Hintergrund abhebt. Für extrem dunkle Nächte sind die ersten zwei Segmente der Spitze und alle Ringwicklungen mit phosphoreszierendem Lack behandelt und leuchten nach, wenn man sie vorher anleuchtet. Am besten klappt das mit einer UV-Lampe. Der selbstleuchtende Effekt lässt nach etwa einer halben Stunde nach, ist aber mehrere Stunden erkennbar, sodass eine gute Köderkontrolle immer möglich ist.

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Zander im Drill. Beim Wobbeln wird die Rollenbremse nicht komplett zugedreht, denn oft kommen die Bisse sehr rabiat und das auf kurze Distanz, nicht selten direkt vor den Füßen. (Bild: Böttcher)

Im Gegensatz zum Jiggen öffnen wir die Bremse beim Wobbeln ein gutes Stück weiter, so dass wir mit mittlerem Zug etwas Schnur abziehen können. Die Bisse der Zander kommen zwar relativ rabiat, besonders aber die zu erwartenden Beifänge machen eine halboffene Bremse unbedingt nötig. Oft schnappen dicke Rapfen zu, die sich durch brutale Einschläge in der Rute bemerkbar machen. Wenn die Bremse dann zu ist, sprengen wir im schlechtesten Fall entweder unser Vor-fach oder der Fisch schlitzt aus. Bei einigen unserer Touren am Kanal stiegen zudem dicke Barsche ein, die man nicht alle Tage fängt. Je nach Gewässer sind auch mal Welse als Beifang zu erwarten. Und wenn man nicht gerade am Kanal wobbelt, steigt mitunter der ein oder andere Hecht ein. Das Gerät passe ich also ja nach Gewässertyp an, bedarfsweise schalte ich dann ein Stahlvorfach oder eine knotbare Stahlspitze vor.

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Willkommener Beifang beim Zanderwobbeln: ein dicker Kanalbarsch. (Bild: Böttcher)

Vertrauenssache

Wer noch nie am Kanal mit Wobblern auf Zander geangelt hat - und das sind wahrscheinlich viele - der muss erst einmal ein gewisses Grundvertrauen in die Methode aufbauen. Das ist eigentlich bei jeder neuen Angelmethode so, mit der man noch keinen Erfolg zu verbuchen hatte. Und wenn wir von dem, was wir tun, nicht überzeugt sind, geben wir schnell auf. Hängen Sie doch einfach beim Zanderangeln hin und wieder für eine Weile einen Wobbler dran, vor allem wenn Sie mit dem Gummifisch keinen Erfolg haben. Wenn der andere Köder nicht besser fängt, hat man doch nichts zu verlieren. Die Bisse kommen auch beim Wobbeln über kurz oder lang von selbst, das Vertrauen stellt sich dann automatisch ein.

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Dieser stattliche Stachelritter hat den „Zanderkönig“ dicht über der Stein-packung am Kanal genommen. (Bild: Böttcher)


Selber erlebte ich den Durchbruch für diese spannende Methode übrigens beim Rapfenangeln in der Elbe, bei dem ich immer öfter Zander als Beifang landete. Wohlgemerkt, damals mit ultraschnell geführten Miniwobblern dicht unter der Oberfläche. Seitdem ich dort dann langsam laufende Zanderwobbler durchs Wasser kurble, fange ich regelmäßig meine Fische. So habe ich meine neue Lieblingsmethode kennengelernt. Heute habe ich immer ein paar Zanderwobbler in der Box, wenn ich abends an den Kanal oder an die Elbe gehe.

Geräte-Check

Rute: Wobblerrute mit semiparabolischer Aktion, zum Beispiel Devil Stick Extention (preiswert) oder, noch besser, die Zanderkönig-Rute, die speziell für diesen Zweck entwickelt wurde und im FISCH & FANG-Shop erhältlich ist, siehe: www. pareyshop.de

Rolle: Klassische Stationärrolle, zum Beispiel Daiwa Freams 2500

Schnur: Dünne geflochtene, etwa 0,12 mm Durchmesser mit monofilem Vorfach

Köder: Schlanke Wobbler in Minnow-Form, zum Beispiel der ,,Zanderkönig“ oder ,,Wild Devil Baits Shot Minnow“.

Zubehör: Kopflampe, Kescher mit langem Stab und festes Schuhwerk, Lösezange.

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Der muss mit zum Wobbeln - der Zanderkönig, hier erfolgreich beim nächtlichen Spinnfischen. (Bild: Böttcher)

Autor: David Böttcher