07.06.2025
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Aus dem WuH-Testrevier

Spießrutenlauf

Es gibt Tage, da ist so richtig der Wurm drin. Doch auf Regen folgt auch wieder Sonnenschein. Peter Schmitt

Spießrutenlauf

Bild: Peter Schmitt

Mit dem sommerlichen Maianfang mit um die 25 °C war das Rehwild fleißig auf den Läufen gewesen. Eine Woche später beim 1. gemeinsamen Sammel­ansitz war davon nichts mehr übrig. Bei 8 – 6 °C und einem unangenehm frostigen, inkonstanten Wind hatten wir uns auf die Sitze verteilt. Der Anblick war mau, und schließlich verbliesen wir ­lediglich 2 Schmalrehe. Nach diesem durchwachsenen Auftakt war klar, dass wir nachlegen mussten. Also setzten wir einen weiteren Gemeinschaftsansitz an. Bald waren die Sitze verteilt. Ich wollte es im Waldteil des Reviers versuchen, um an einer der Sukzessionsflächen für Entlastung zu­ sorgen. Massive ­Ansitz­ein­richtungen haben wir in diesen Bereichen kaum. Zu schnell ändert sich dort die Vegetation von Jahr zu Jahr und Jahreszeit zu Jahreszeit. So zog ich mit ungewissem ­Gefühl bergan, um auf einem Drückjagdbock Platz zu nehmen.
Doch der war durch einen kürzlich herabgestürzten massigen Buchenast ordentlich in Mitleidenschaft gezogen. Eine sichtlich angeknackste Sprosse brach schon beim probeweisen Auftritt lautstark in 2 Hälften. Weitere Selbstversuche unterließ ich und machte mich weiter zur nächsten Leiter droben auf dem Bergrücken. Doch wo bei der Drückjagd noch Strecke gemacht wurde, war nichts mehr zu sehen – abgesehen von Ginster, Brom- sowie Himbeeren, Birken und anderem Anflug. Nach einem 1. Rundumblick war klar, dass auch dieser Sitz bis zum Herbst keine Option mehr darstellte. Weitere Ansitzeinrichtungen in der Nähe passten vom Wind her nicht, oder ich wäre einem der ansitzenden Kollegen ins Gehege gekommen bzw. hätte womöglich durch meinen Wind deren Ansitz torpediert.

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Keine Einsicht. Der Ansitz an dieser Kalamitätsfläche wäre sinnlos gewesen. (Bild: Peter Schmitt)

Ein frisch aufgestellter Sitz an einer ­Anpflanzung weiter drunten im Waldteil käme noch infrage. Also zurück zum Auto, umsetzen, angehen, nur um zu merken, dass der Wind hier komplett im Nacken stehen würde. Doch die Lösung lag nah. Mit dem hier gestellten Sitz hatten wir auch einen weiteren nur wenige 100 m weiter auf einer Rückegasse hauptsächlich für die Drückjagd postiert. Da er entgegengesetzt stand, musste der Wind dort passen. Doch Pusteblume. Wenige Minuten später musste ich feststellen, dass er hier genau andersherum wehte. Wie das auch immer möglich war. Ich war mittlerweile dank mitzuführender jagdlicher Ausrüstung plus Stativ, Film- und Fotoausrüstung nicht nur gut durchgeschwitzt, ich hatte einfach auch keine Lust mehr. Zudem drückte langsam aber sicher die Zeit, denn mehr Störung, als ich eh schon angerichtet hatte, wollte ich nicht weiter verursachen.

Ich beschloss also, meinen Ansitz abzubrechen und mich am Treffpunkt schon einmal dem Feuermachen und einem Getränk zu widmen, als mir ein Drückjagdbock an einem Weg Richtung Waldausgang einfiel, den ich eh passieren musste. Doch die neu auflodernde ­Flamme erstickte umgehend, als ich beim Anfahren keine 30 m vor dem Sitz eine hochbeschlagene Ricke ausmachte. Kugel­rund und mit praller Spinne musste sie kurz vorm Setzen stehen. Ich würde es niemals auf den Sitz schaffen, ohne sie zu vergrämen.

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Wie hingezaubert stand auf einmal der 10-kg-Jährling neben dem Sitz. (Bild: Peter Schmitt)
„Probiers doch an der Christbaumleiter“, schrieb mir ein Kollege, dem ich meine Odyssee per Handynachricht geschildert hatte. Um es kurz zu machen: Direkt nebenan werkelte ein Einwohner an einer der ab und an anzutreffenden, irgendwann vor Urzeiten ­illegal erbauten Hütten im Revier. Es war einfach wie verhext. Auf dem Weg zur Grillhütte des Dorfs, unserem Sammelpunkt, traf ich einen Jagdgenossen und kam mit ihm ins Schwätzen, dabei auch auf eine neu gestellte Leiter an einem Grasweg am Dorfrand. „Dort kommst du doch trotz der fortgeschrittenen Zeit noch störungsfrei hin!“, schoss es mir durch den Kopf. Einige Minuten später saß ich droben auf der Leiter, zu deren Seite eine kniehohe Heuwiese stand. Die Pläne war leer. Beim nächsten Rundumblick stand auf einmal wie hingezaubert ein astreines Abschussböckchen 60 m ­neben mir. Er musste für mich nicht sichtbar im Lager gesessen haben. Der Schuss war kein Hexenwerk. Und so fand dieser völlig verkorkste Ansitzabend mit einem schwachen 10-kg-Jährling einen versöhnlichen persönlichen Abschluss.

Autor: Peter Schmitt