28.06.2023
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RF
Ausgabe 06/2012
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8 Min

Praxis

Zander ganz zart

Die feinsinnigen Räuber mit Köfis zu überlisten, erfordert den Weg des geringsten Widerstandes. Bei Martin Bowler klappt das nahezu reibungslos mit einer pfiffigen Laufbleimontage.

Zander ganz zart

Bild: Bowler

Seit vielen Jahren ist ein kleiner Abschnitt der River Severn das Zuhause eines kapitalen Zanders. Hinter einer Reihe ins Wasser gestürzter Bäume wird die Kraft des zweitlängsten Flusses Großbritanniens vom Holz abgelenkt, und das sorgt sogar bei heftigsten Hochwassern im Winter für Ruhe im Wasser. Die knapp vier Meter Wassertiefe machen das Ganze aber auch zu einem heiß begehrten Ort für andere Räuber. Sowohl Segen als auch Fluch für den Burgherren, denn er muss ständig aufpassen, damit er die Kontrolle über sein Reich auch behält.

So braucht es gelegentlich mehr als nur ein wenig Überredungskunst, um das Gebiet von Nahrungskonkurrenten zu räumen. Insbesondere Hechte sind immer wieder eine Herausforderung für den großen Zander. Weniger problematisch, aber immer noch ärgerlich sind für ihn die silbernen Touristen. Sie versuchen sich auf ihrer anstrengenden Reise an diesem Ort ein wenig zu erholen. Angesichts der scheuen Natur der Lachse, benötigt es dann aber lediglich einen sanften Schubs in die richtige Richtung, um sie zu entfernen.


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Der Severn in Großbritannien beherbergt Zander aller Altersklassen. (Bild: Martin Bowler)

Der Zander wurde hier im River Severn mit dem goldenen Löffel geboren. Die konstante Fülle an Nahrung verhalf ihm zügig zu einem massigen Körper. Auch der Kopf wuchs gewaltig und mit ihm ein imposanter Satz Zähne. Zusammen mit dem Körperschmuck aus spitzen Stacheln auf seinem Rücken machte er bereits in jüngeren Jahren eine tolle Figur - sicherlich beeindruckend genug, um diesen Ort zu kontrollieren.

Von hier aus ist es leicht, die Futterfische im Hauptfluss zu jagen. Vor allem, wenn das Wasser eingetrübt ist und die Beutefische den großen Körper des Zanders nicht sehen können. Die Jagd nach den Schwachen und Sterbenden war für ihn immer das ideale Szenario, um das Verhältnis zwischen Aufwand und gewonnener Energie zu optimieren. Und so ist es ihm auch heute nicht möglich, den Geruch von Blut zu ignorieren. Fast hypnotisch zieht ihn seine Nase in die Strömung zur Suche nach dem Abendessen.

Die scharfen Sinne täuschen nicht. Von seiner Position aus etwa 18 Meter flussauf befindet sich das Stück eines Aales, das von beiden Enden aus den Duft verströmt. Leicht unter der harten Haut des Aals eingestochen, sitzt ein Einzelhaken der Größe vier, der sauber an ein 25 Zentimeter langes Vorfach aus feinem Stahldraht gewunden ist. Dann folgt ein Wirbel und monofile Schnur mit 6,8 Kilo Tragkraft. Das aber wird von dem Zander aufgrund des trüben Wassers nicht erkannt. Schlimmer noch für ihn, dass nur ein paar Meter entfernt am Ufer ein Angler am anderen Ende der Schnur über seinen elektronischen Bissanzeigern thront.


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Strömungsberuhigte Bereiche im Fluss riechen förmlich nach Zandern. (Bild: Bowler)

Die gerade Linie

Ein so großer Fisch hat natürlich gute Tischmanieren. Niemals würde der Zander das Essen sofort verschlingen. So wird das Aalstück sanft zwischen die Hundszähne genommen und der Geschmack noch einmal intensiv geprüft. Für den Zander ist das die letzte Chance um festzustellen, ob an der Sache etwas faul ist.

Leider kennt der Angler diese Gewohnheit gut und hat durch den Rutenaufbau sichergestellt, dass kein unatürlicher Widerstand zu spüren ist. Die Schnur verläuft in gerader Linie durch die Ringe zum Bissanzeiger, der das Abziehen des arglosen Zanders klar sig-nalisiert. Ein Griff zum Schnurfangbügel, schwungvoller Anschlag und der Burgherr muss sich wenig später einem übermächtigen Gegner geschlagen geben.

Während auf dem europäischen Festland Spinnfischen das Standardverfahren für den Zanderfang ist, widme ich mich dieser faszierenden Fischart überwiegend im Winter mit dem toten Köderfisch. Und Zander gibt es im Severn reichlich, vom handlangen Stachelritter bis zum britischen Rekord ist alles möglich.

Als Rute verwende ich eine Karpfenrute mit schneller Aktion und einer Testkurve von 2,75 lb. Damit kann ich vor allem im tiefen Wasser besser anschlagen als mit anderen Modellen, denn ich fische grundsätzlich mit monofiler Schnur (Tragkraft etwa sieben Kilogramm). Von geflochtener Schnur muss ich dringend abraten. Man hat zwar ein wesentlich besseres Gefühl für Montage und  Köder, aber das gilt natürlich auch für den Zander in umgekehrter Richtung. Und das muss unbedingt vermieden werden.


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Montage der Marke Eigenbau: So kann man die Keramikeinlage eines Rutenringes (oben) natürlich auch verwenden. (Bild: Bowler)

Simpel, aber effektiv

Die Montage ist simpel, aber effektiv. Das Blei ist an einem steifen Boom befestigt. An das andere Ende kommt noch eine Korkkugel als Auftriebskörper und ein großer Keramikring, durch den die Hauptschnur läuft. So gibt es keine Verwicklungen beim Wurf und, noch wichtiger, die Schnur wird über dem Grund gehalten und kann nahezu reibungslos durch den Ring laufen. Ist mit Hechten zu rechnen, verwende ich ein feines, geschmeidiges Stahlvorfach. Am Ende sitzt immer ein Einzelhaken der Größe vier. Drillinge halte ich beim Zanderangeln für unnötig, im Gegenteil, meiner Meinung nach verringert die „Extraportion“ Metall sogar die Fangchancen.

Eine ganz entscheidende Bedeutung hat der Bissanzeiger. So wenig Widerstand wie irgend möglich, gilt natürlich auch hier. Mein absoluter Favourit ist der „Rollover Indicator“ von Zandavan (s. Foto). Und ich möchte betonen, dass ich in keiner Beziehung zu dieser Firma stehe. Er lässt sich an einzelnen Rutenhaltern befestigen. Eine solche separate Auflage hat den Vorteil, dass man die Rute schnell neu ausrichten kann, damit die Schnur von der Rolle bis zum Köder immer eine gerade Linie bildet.


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Optimal: Ruten einzeln abgelegt, offener Schnurfangbügel, sensible Bissanzeiger („Rollover Indicator“) und Schnur in gerader Line zum Köder. (Bild: Bowler)

Meine Lieblingsköder für das Zanderfischen sind etwa zehn Zentimeter lange Rotaugen, die ich quer halbiere, so dass ordentlich Blut austritt. Ob Aalstücke noch besser sind, weiß ich nicht. Der Schlüssel zum Erfolg liegt aber auf jeden Fall in der Frische des Köderfisches. Zander tolerieren keine „abgelaufene“ Ware. Auch mit Meeresfischen hatte ich beim Zanderangeln bisher nur magere Resultate, obwohl diese bei uns auf der Insel im Süßwasser als Topköder gelten.

Erfolgreiches Zanderfischen mit Köderfischen ist zusammengefasst eigentlich ganz einfach: Räuber lokalisieren, den Ansitz auf die Fressperioden abstimmen und den richtigen Köder an einer effizienten Montage präsentieren.


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Der Zander hat den Betrug mit Martins Lieblingsköder, dem halben Rotauge, nicht bemerkt. (Bild: Bowler)

Der kurze Weg zum Zander

1. Winterhochwasser mit leicht getrübtem Wasser nutzen und am bes-ten fischen, wenn der Wasserstand wieder zu fallen beginnt.

2.Die Fische an strömungsberuhigten Stellen suchen (die Erkundung im Vorfeld mithilfe von Google Earth kann hier viel Zeit sparen).

3. Nur monofile Schnur zum Einsatz bringen.

4. Mit Einzelhaken und nicht mit Drillingen fischen.

5. Wenn ein Stahlvorfach sein muss, das geschmeidigste Material benutzen, das zu bekommen ist.

6. Nur Bissanzeiger verwenden, die die Schnur reibungslos freigeben.

Autor: Martin Bowler