08.10.2023
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RF
Ausgabe 01/2023
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11 Min

RF Praxis

Zander in der Schwebe

Wobbler ist nicht gleich Wobbler: Wer gerne auf Zander angelt, sollte sich unbedingt die sogenannten Suspending-Varianten genauer anschauen. In manchen Situationen sind sie unschlagbar. Text & Fotos: Birger Domeyer

Zander in der Schwebe

Bild: B. Domeyer

Ein kleiner Zupfer, eine Sekunde Pause, dann noch ein Zupfer und eine weitere Pause. Plötzlich schießt ein Ruck durch die halb schlaffe Schnur, und ein Zander hat den im Wasser hängenden Wobbler eingesaugt. Das Angeln mit schwebenden Wobblern ist für Zander besonders effektiv, sowohl tagsüber als auch nachts. Und das hat auch seinen Grund: Dieses Sinkverhalten passt sehr gut ins Jagdverhalten des Zanders, aber dazu später mehr.

Ortswechsel: Ich bin mit Enrico di Ventura verabredet, eigentlich, um vom Boot einen ganzen Tag lang im Fluss auf Zander zu fischen. Da ich aber schon am Abend vorher anreise, gehen wir natürlich noch kurz im Dunkeln fischen. Die Zander beißen, Enrico hat einen guten Spot gleich in der Nähe unserer Unterkunft. Also nichts wie los. Schnell sind die Wobblerruten geschnappt und ein paar Köder eingepackt.

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Der YoZuri 3DB Jerkbait 110 SP hat viele Bisse gebracht, beim Hakenlösen ist mit drei Drillingen allerdings Vorsicht geboten (Bild: B. Domeyer)


Am Wasser angekommen, sehe ich schon worum es geht: Wir fischen in einem stark befahrenen Kanal in einer strömungsberuhigten Ecke. Spundwände, Steinschüttung und reichlich hohe Wellen, die sehr unregelmäßig ans Ufer klatschen, prägen das Bild. Enrico war schon die vorigen Tage hier und hängt sich sofort einen schwebenden Wobbler in den Einhänger. „Mit dem Modell habe ich hier gut gefangen, besser auch als mit Schwimmwobblern.“ Und er behält Recht: Gleich beim ersten Wurf beißt ein kleiner Zander, wenige Würfe später ein größeres Exemplar, das sich leider mit den Drillingen im Kescher verheddert und vor der Landung aussteigt. „Der könnte über 70 Zentimeter lang gewesen sein, so ein Ärger!“, flucht Enrico noch. Aber lange muss er sich nicht ärgern, denn es beißt gut. Um die Geschehnisse kurz zusammenzufassen: Wir fangen an diesem Abend neun Zander, davon acht auf schwebende Wobbler und einen auf Gummifisch. Ich probiere zwar immer wieder flach laufende Schwimmwobbler, die im Dunkeln eigentlich stets gut fangen, an diesem Spot liefern sie aber keine Bisse.

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Für unsere Zielfische reichen zwei Drillinge am Wobbler locker, also weg mit dem mittleren! Damit die Schwimmeigenschaft bleibt, ersetzt man das Gewicht durch Wickelblei. (Bild: B. Domeyer)


Der Grund ist einfach: Diese Kanalecke ist einfach zu unruhig. Fährt ein großer Tanker vorbei, schwappt die anschließende Welle fast einen Meter an der Spundwand hoch, einmal wäre fast meine Angel weggespült worden, die ich ans Ufer gelegt hatte. Das gleiche dürfte mit den Futterfischen passieren: Dicht am Ufer ist es nicht sicher, man läuft Gefahr, aufs Trockene gespült zu werden. An sehr unruhigen Plätzen stellen sich die Fische dann eine Etage tiefer ein - und mit ihnen die Zander. Entsprechend macht es hier Sinn, eine Etage weiter unten zu fischen, was nachts allerdings auch nur 1,5 bis zwei Meter bedeutet.

Auch tagsüber

Ganz neu ist mir das Angeln mit schwebenden Wobblern auf Zander jedoch nicht. Wie gut die Methode tagsüber ist, haben wir beiläufig beim Barschangeln entdeckt. Gerade im Sommer fische ich häufig die Stein- packungen von Flüssen mit schwebenden Twitch-Wobblern ab und suche so die Barsche. Immer wieder fangen wir auch Zander dabei. Besonders auffällig: Die Zander beißen dann auch mitten am Tag relativ dicht an der Steinschüttung. Ich schätze, dass die Räuber tagsüber am Kantenfuß in etwa drei bis fünf Metern liegen, dicht an die Steine gepresst. Kommt jetzt ein zügig eingekurbelter Gummifisch oder etwa Crankbait vorbei, sind sie nicht immer in der Laune, hinter so einem Köder her zu jagen.

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Langsam geführte Twitchbaits wie dieser Laydown-Minnow sind tags-über immer einen Versuch wert. (Bild: B. Domeyer)


Beim schwebenden Wobbler hat man einen Vorteil: Man kann ihn im Sichtfeld des Räubers stehen lassen. Sehr lange sogar. Und das ist auch ein bisschen der Trick, wenn man gezielter Zander tagsüber mit Wobblern fangen möchte. Die Pausen, in denen der Köder nur in der Wassersäule hängt, müssen relativ lang ausfallen. Lang heißt in dem Fall: ein bis drei Sekunden. So lange braucht man einen Wobbler für Barsche oder Hechte nicht hängen zu lassen, die Zahl der Zanderbisse steigt aber merklich, wenn man die Pausenlänge erhöht.

Das hat auch seinen Grund: Zum einen bin ich sicher, dass die Zander deutlich tiefer stehen, als der Wobbler in der Wassersäule läuft und sie entsprechend einen Weg zum Köder überwinden müssen. Das kann schon mal eine oder zwei Sekunden dauern. Oft versuchen es die Zander aber auch erst dann, wenn sie erkennen, dass die vermeintliche Beute diese Pausen macht. Ein zu schnell vorbei gezogener Köder wird gerne komplett ignoriert. Das liegt am grundsätzlichen Jagdverhalten vom Zander. Er nähert sich seiner Beute eher mittelschnell bis auf etwa zehn bis 15 Zentimeter Distanz. Wenn er innerhalb dieser Distanz nicht erkannt wurde, die Beute also nicht flüchtet, startet der Zander die finale Attacke. Aus wissenschaftlichen Studien ist bekannt, dass Zander bei einer Fluchtdistanz von über 50 Zentimetern, die Fische im klaren Wasser oft zeigen, die Attacke meistens abbrechen. Sie verlagern das Jagen dann in die Nacht.

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Dieser Zander attackierte den Wobbler direkt an der im Hintergrund erkennbaren Steinschüttung. Mit dem Gummifisch riskiert man dort sehr viele Hänger, Wobbler stolpern meistens über die Steine hinweg. (Bild: S. Endres)


Für unseren Wobbler heißt das also: Führen wir ihn zu schnell, versucht der Zander gar nicht erst, diesen zu schnappen. Die Pause bei der Führung von schwebenden Wobblern ist also sehr wichtig, vor allem, wenn man tagsüber fischt.

Der Umkehrschluss, dass Zander nicht in der Lage sind, einen ausbrechenden Köder überhaupt zu verfolgen oder zu schnappen, ist allerdings nicht richtig. Man kann den Twitchbait durchaus zupfen und da­-mit zackig führen, das schreckt Zander zunächst nicht ab. Man muss eben nur ein paar Pausen pro Wurf einbauen, in denen der Köder attackiert werden kann. Anders als etwa Barsche mögen Zander aber auch ein langsames und monotones Einleiern des Köders. Das ist für die meisten schwebenden Wobbler zwar nicht vorgesehen, aber durchaus effektiv.

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Eine letzte kurze Flucht, dann ist der Wobbler-Zander im Kescher. An der nassen Mauer erkennt man, wie hoch die Wellen hier regelmäßig schwappen. (Bild: B. Domeyer)

Welche Modelle?

Die Auswahl des richtigen Wobblers ist gar nicht so einfach, weil es ganz darauf ankommt, in welcher Tiefe man die Zander vermutet. Fangen wir mit der leichteren Disziplin an, dem Fischen dicht an der Steinpackung am Tag oder auch in der Nacht. Wenn wir davon ausgehen, dass die Zander etwa zwei bis maximal fünf Meter tief dicht an den Steinen stehen, würde ich auf einen Wobbler mit langer Tauchschaufel setzen, der etwa 2,5 bis 3,5 Meter tief taucht. Diesen werfe ich zunächst in Richtung Flussmitte und kurbel ihn auf Tiefe. Bin ich einige Meter vor der Steinschüttung angekommen, fange ich an, den Köder deutlich langsamer zu führen und die Pausen einzubauen. Wir wollen ja, dass der am Kantenfuß stehende Zander etwas Zeit hat, um zum Köder hochzusteigen. Berührt man mit der Tauchschaufel die ersten Steine, nehme ich die Rute hoch und zupfe den Wobbler weiter langsam bis zum Ufer über die Steine. Riskant, klar, man lässt auch mal einen Wobbler in den Steinen hängen. Meistens stolpern die langen Tauchschaufeln aber regelrecht über die Steine und bleiben nicht hängen. Mein liebster Wobbler dafür ist der Twitchmas-ter in der Farbe Chartreuse/Oliv. Ein recht kleiner Köder, der aber vor allem tagsüber viele Bisse gebracht hat, wenn die Zander oft etwas zickig sind.

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Kescher oder Handlandung: Mit Wobblerhaken und wilden Zandern ist im Dunkeln nicht zu spaßen, ein Kescher oft hilfreich. (Bild: B. Domeyer)


Wenn man nachts fischt, so wie Enrico und ich an dem unruhigen Kanal, ist eine et-was größere Ködersilhouette oft ganz gut. Dann darf es gerne ein schlanker, elf bis 14 Zentimeter langer Wobbler sein, der eine flankende Aktion zeigt. Diese Wobbler werden dann in dem interessanten Jagdbereich einfach langsam eingeleiert und laufen im Mittelwasser. Wer möchte, kann gerne den einen oder anderen Stopp einbauen. Aber eigentlich gehen wir ja da- von aus, dass der Zander etwa in der gleichen Wassertiefe unterwegs ist wie unser Wobbler. Kurbelt man langsam, wird er ihn schon attackieren.

Diese Methode ist übrigens auch in kaum oder gar nicht strömenden Flüssen tags-über recht effektiv, wenn die Zander im Mittelwasser auf freier Fläche stehen und sich nicht an Uferstrukturen orientieren. Das machen sie übrigens häufiger, als viele Angler vermuten. Dann sind im Mittelwasser angebotene Wobbler manchmal effektiver als am Grund gejiggte Gummifische, weil Zander in der Tendenz einem Köder lieber nach oben als nach unten folgen. Gerade in flachen Gewässern, die nur etwa drei oder vier Meter tief sind, können diese länglichen, schwebenden Wobbler, die etwa 2,5 Meter tief laufen, sehr gut funktionieren.

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Stehen die Zander dicht an solchen Steinpackungen, sind schwebende Wobbler mit langen Tauschschaufeln eine sehr gute Option. (Bild: F. Over)


Enrico hat an diesem Abend übrigens den YoZuri 3DB Jerkbait 110 SP gefischt, gut sind allerdings auch der Laydown Minnow MID von Nories oder der Illex Mag Squad. Wichtig ist, dass man einen Köder findet, der genau den Tiefenbereich abdeckt, in dem die Zander an dem anvisierten Spot stehen. Da ist etwas Probieren angesagt. Die Belohnung könnten aber ein paar schöne Zander sein, die man in dieser Wasserschicht bisher noch nicht richtig beangelt hatte. Kescher oder Handlandung: Mit Wobbler- haken und wilden Zandern ist im Dunkeln nicht zu spaßen, ein Kescher oft hilfreich.

Autor: Birger Domeyer