04.08.2023
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WUH
Ausgabe 15/2023
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5 Min

Aus dem WILD UND HUND-Testrevier

Ameisenhilfe

Manchmal findet der Jäger einen Bock, den er zu Hause einfach nicht abkochen kann. Die Trophäe hätte er aber doch gerne gehabt. Gut, wer dann einen Haufen kleiner Helfer im Wald hat. Heiko Hornung

Ameisenhilfe

Bild: Anna-Sophie Hornung

Als der Hund den Bock fand, stank er bereits wortwörtlich zum Himmel. Vermutlich totgeforkelt, lag er seit vielleicht einer Woche mit seinem halben Körper in einem Feuchtbiotop. Die Trophäe war nicht stark, trotzdem wollte ich sie damals haben. Ich zog mit reiner Mundatmung den bereits schwarzen Kadaver aus dem Teich, schlug ihm mit einem Beil das Haupt ab, kuhlte ihn unweit der Stelle ein und legte das halbverweste Haupt ganz in der Nähe in einen Ameisenhaufen. Ich vergaß ihn zunächst. Wochen später war ich wieder im Kalkgrund und erinnerte mich an ihn. Die Trophäe lag gut präpariert in der Nähe des Haufens. Noch heute erinnert sie mich an das heimatliche Revier. Ein ähnliches Experiment machte ich mit dem Kopf eines Überläuferkeilers, den meine kleine Tochter, inzwischen ist sie eine junge Frau, unbedingt für den Biounterricht in der Grundschule haben wollte. Der Schädel ziert noch heute die Sammlung der Schule.
 

Im Frühjahr räumten Kollege Peter Schmitt und ich die Kühltruhen in der Wildkammer, um sie abzutauen und zu reinigen. In der Truhe mit den Teilen für die Hundeausbildung und die Fangjagd fanden sich einige Trophäen, die irgendjemand irgendwann einmal hineingesteckt hatte, um sie baldmöglichst zu präparieren. Trotz eifriger Nachfragen ließ sich kein Freiwilliger finden, die Unfallböcke zu richten. Auf den Luderplatz damit? Ich erinnerte mich an meine Experimente und wollte die Versuchsreihe etwas ausbauen.


Der erste Bock, den ich vor Jahren hineingelegt hatte, war ziemlich lange verludert. Das hatte prima funktioniert. Die Sau hatte ich vergessen. Sie lag fast ein Jahr im Haufen, das hatte auch gut funktioniert, war aber wegen der langen Zeit etwas aus der Wertung. Wie schnell würde es mit frischen Böcken, unterschiedlich lang gekappt, im Haufen dauern? Insgesamt hatte ich 4 Trophäen zur Verfügung. Ein Knopfbock, den ließ ich ganz – mit Decke und ganzem Schädel. Einen Jährling kappte ich mit langer Nase und zog die Decke ab, einen Jährling kappte ich mittellang, beließ aber die Decke am Schädel, und einen Sechser schlug ich mit kurzer Nase mit einem scharfen Beil ab. Die Decke ließ ich ebenfalls dran.
 

Alle 4 Trophäen legte ich auf einen Haufen der Roten Waldameise und sicherte sie mit Blumendraht. Ungefähr im wöchentlichen Turnus kontrollierte ich die Insektenpyramide, um den Arbeitsfortschritt der kleinen Helfer zu beobachten. Ameisen tragen aus ihrer Umgebung in der Regel eine Menge ­Eiweiß in den Haufen ein, um ihre Brut zu nähren. Meist tun sie das mit Insektenraupen, die sie von der umliegenden Vegetation absammeln. Das macht sie für den Forstmann sehr nützlich, da ­unter den Insekten viele Schädlinge sind. Liegt das Eiweiß direkt auf dem Haufen, machen sie sich emsig daran, es zu zerlegen.
 

Bereits nach einer Woche waren die Schädel im Haufen eingearbeitet. Einer fehlte, trotz Sicherung. Ihn hatte vermutlich Raubwild weggeholt. Der Blumendraht war abgerissen. Ich verstärkte die Sicherung bei den verbliebenen 3. Nach 2 bis 3 Wochen waren bereits alle losen Eiweißteile, wie Fleisch, Hirn und Lichter, sauber herausgearbeitet.

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Nach 2 bis 3 Wochen ist der Schädel schon grob sauber. Die Decke sitzt noch fest dran. (Bild: Anna-Sophie Hornung)
Die Decke klebte allerdings noch fest am Knochen. Nach 4 Wochen schien es keinen weiteren Arbeitsfortschritt zu geben, allerdings fehlte die zweite Trophäe. Der Bock mit lang gekappter Nase und ohne Decke war ebenfalls weg. Blieben also nur noch die 2 Trophäen mit Decke im Haufen. Nach einer weiteren Woche holte ich sie raus. Die Decke klebte kochentrocken und fest am Schädel. Ich weichte sie zu Hause für einen Tag in Wasser ein, entfernte mit dem Messer die feste Decke, die sich relativ leicht abziehen ließ. Danach kratze ich den Schädel noch sauber, goss etwas Wasserstoffperoxid darüber und legte sie in die Sonne. Das wiederholte ich noch 2 Mal. Nach 3 ­Tagen waren der kurz gekappte Sechser und der mittellang gekappte Jährling fertig.

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5 Wochen, nachdem der Schädel in den Haufen kam, sitzt die Decke knochentrocken am Haupt. (Bild: Anna-Sophie Hornung)


Fazit

 

Eine gute Methode, wenn man die Trophäe nicht unbedingt braucht. Denn das frische Haupt lockt, trotz der auf dem Ameisenhaufen ziemlich humorlos beißenden Arbeiterinnen, Raubwild an. D. h. die Trophäe muss, soweit sie frisch ist, auf der Ameisenburg gut gesichert werden. Blumendraht reicht dazu nicht, es muss schon etwas dicker sein. 5 ­Wochen sind ausreichend. Je kürzer der Schädel gekappt ist und je weniger Decke dran ist, desto besser.


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Die trockenen Deckenreste sind entfernt, Gewebereste abgekratzt. Mit etwas Bleiche sind die Gehörne fertig. (Bild: Anna-Sophie Hornung)
 

Autor: Heiko Hornung