31.08.2023
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DJZ
Ausgabe 09/2023
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7 Min

Jagen bei warmem wetter

Hitze-Schlacht

Ob Mais- oder frühe Drückjagd: Bei hohen Temperaturen wird das Jagen für Vierläufer zur Tortur. Hier gilt es, einiges zu beachten.

Hitze-Schlacht

Bild: Michael Stadtfeld

Es ist verdammt warm an diesem Oktobersamstag, als wir Hundeführer uns auf den Weg ins Treiben machen. Die jährliche Drückjagd im Wild und Hund-Testrevier steht an, und die DJZ-Redaktion stellt traditionell eine Gruppe Hundeführer. Zu Beginn ­jagen alle Vierläufer wunderbar, das Wetter scheint keinen Einfluss zu haben. Doch irgendwann macht sich die Temperatur bemerkbar: Die Hunde jagen kürzer, suchen weniger akribisch. Trotzdem: „Heidi“, die Kleine Münsterländer Hündin von DJZ-Redakteur Peter Diekmann, hat offensichtlich etwas in den Brombeeren gestellt. Peter und ich gehen den Bail an. Meine Drahthaar-Hündin „Delta“ schlägt bei, und gemeinsam bewegen sie die Sau aus der Dickung. Der Schütze außerhalb schießt auf den Keiler, trifft ihn aber nicht gut. Er wird noch einen Schuss los, dann sind die Hunde dran. Stellen, Binden, Abfangen. Sau erlöst. Doch „Delta“ sieht kurz nach dieser ­Situation überhaupt nicht gut aus. Zuerst glaube ich, sie sei geschlagen worden. Doch das ist es nicht. Stattdessen wirkt sie apathisch, taumelt sogar beim Laufen. Offensichtlich steht sie kurz vor einem Hitzschlag. Sofort Schutzweste aus und Zuckerlösung geben. Wasser habe ich leider keins dabei. Nach zehn Minuten ist der Hund wieder halbwegs fit, aber das Treiben ist gelaufen. Das passiert mir nicht noch einmal …


Verhalten als Hundeführer


Die Einladungen für Drückjagden werden – ganz besonders für Hundeführer – in aller Regel Monate vor der Jagd verschickt. Da kann natürlich niemand wissen, wie die Wittrung am Jagdtag sein wird. Es muss also, ganz besonders bei frühen Jagden im Oktober und (mittlerweise auch) Anfang November, stets von hohen Temperaturen aus­gegangen werden. Bei Maisjagden sowieso. Der Hundeführer muss darüber hinaus, das zeigt die Erfahrung, davon ausgehen, dass der Faktor Hitze und Hunde in der Jagdorganisation recht stiefmütterlich behandelt wird. Er muss sich ein Stück weit also selbst kümmern. Und ein Hitzschlag beim Hund ist keine Kleinigkeit, sondern lebensbedrohlich. Einige hilfreiche Punkte, die den Unterschied ausmachen können:


Wasser, Wasser, Wasser


Das kühle Nass ist in jeder Form wilkommen. Auch wenn es stört, eine große Flasche Wasser sowie ein Napf müssen stets am Mann sein. Aus dem Sport­bereich gibt es auch weiche Flaschen, die wie ein Trinkbeutel sind und weniger stören. Außerdem wird bei der Jagdleitung erfragt, wo in der Nähe der Treiberrouten (bei Durchgehern) Teiche, Bäche oder ähnliches sind. Notfalls ist hier auch während des Treibens nach Absprache ein Abstecher hinzumachen, damit die Vierläufer schöpfen und sich abkühlen können.


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Wassser für die Hunde kann es an solchen Tagen gar nicht genug geben (Bild: Michael Stadtfeld)


Umgang mit Westen


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Der Terrier hat eine kranke Sau gebunden. Jetzt heißt es: Schutzweste aus und Pause machen (Bild: Michael Stadtfeld)
Ein Hund, der es gewohnt ist, mit Schutzweste zu jagen, sollte dies unabhängig von der Temperatur tun. In vielen Fällen ist es bei Hitze jedoch sinnvoll, die Weste vor dem Treiben nass zu machen und so den Vierläufer etwas zu kühlen. Die meisten Westen werden nur unmerklich schwerer, manche jedoch nehmen viel Wasser auf. Sollte das der Fall sein, werden sie in der Folge schwer, was wiederum das Tragen anstregender macht. Vor allem bei kleinen Hunden wie Dackel oder Terrier kann die Gesamtbelastung dadurch sogar höher werden als mit trockener Weste. Daher rechtzeitig ausprobieren, wie viel Wasser die Weste aufnimmt.
 

Weitere Helfer

 
Neben Wasser gehört eine Zuckerlösung an den Mann. Diese gibt es in der Apotheke, sie ist eigentlich für Diabethiker. Pemmikan, bekannt als Energieriegel für Hunde, ist ebenfalls sinnvoll. Es schützt zwar nicht vor Überhitzung, gibt dem Hund aber schnell neue Kraft. Die kann der Vierläufer gut gebrauchen, auch ­ohne Hitzschlag ist das Jagen bei hohen Temperaturen anstrengender. Eine Rettungsdecke hilft im Falle einer Überhitzung. Dazu muss die Decke mit der silbernen Seite nach außen um den Hund geschlagen werden.
 

Zustand überprüfen

 
Während der Jagd muss der Hundführer ein genaues Auge auf seinen Jagdhelfer werfen. Es kommt der Moment, in dem die Leistung des Hundes merklich nachlässt. Er jagt nicht mehr so weit, stöbert nicht mehr so passioniert. Der Vierläufer muss in einem solchen Fall unbedingt „aus dem Rennen“ genommen werden. Hier hilft kein falscher Stolz, denn passionierte Vierläufer gehen oft über ihre Grenze hinaus. Das Stöbern ist das Eine, doch es muss stets davon ausgegangen werden, dass der Hund auf krankes Wild stößt. Ist er mit seiner Kraft sowieso schon am Ende, wird diese Begegnung ungleich gefährlicher. Und selbst wenn er die Sitiuation meistert, steigt nochmals die Gefahr einer Überhitzung.
 

Verhalten als Jagd­leiter


Schon bei der Planung einer früh in der Saison liegenden Jagd ist warme Wittrung einzuplanen. Daraus resultiert, dass mit langsamerem Vorankommen und längeren Pausen der Treiber sowie Hunde zu rechnen ist. Wenn möglich werden die Treiben kurz gehalten. Natürliche Wasservorkommen sind in die Routen der Hundeführer einzuplanen, notfalls auch mit kleineren Umwegen. Sind keine vorhanden, werden Pausen-Punkte eingerichtet, an denen mehrere Mörtelwannen, mit Wasser gefüllt, auf die Hunde warten. Bei Durchführung ­einer Maisjagd sind ebenfalls an allen Seiten des Schlages Wasser-Wannen ­aufzustellen. Jedem Hundeführer wird bei Begrüßung eine große Flasche stilles Wasser aus­gehändigt. Darüber hinaus werden jeder Treiber bzw. Hundeführergruppe zwei bis drei Zuckerlösungen (das bekannteste Produkt ist das der Marke „Jubin“) zur Verfügung gestellt. Die Kosten sind mit 1,50 Euro pro Tube überschaubar, es zeigt den Hundeführern jedoch, dass der Jagdleiter mitdenkt.
 

Hitzschlag

 
Bei einem Hitzschlag handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, ausgelöst durch Überwärmung des Körpers, infolge derer es zu Schock und Multiorganversagen und somit zum Tod des Vierläufers kommen kann. Ein Hund, der einen Hitzschlag erleidet, ist immer ein tiermedizinischer Notfall und muss in jedem Fall schnellstmöglich in tierärztliche Behandlung.
Erkennen: Der Hund zeigt unter anderem ­folgende Symptome:
• anhaltendes, starkes Hecheln, oft vermehrter Speichelfluss
• Hautinnenseite der Behänge stark gerötet und heiß
• Herzrasen
• stark gerötete Schleimhäute
• Hund wirkt teilnahmslos oder taumelt
• im Extremfall Bewusstlosigkeit

Handeln: Die Körpertemperatur muss schnellstmöglich gesenkt werden. Bei Sonne den Hund in den Schatten bringen. Mit Wasser (nicht eiskalt) kühlen. Dabei vorsichtig vorgehen. Zuerst an den Pfoten und Extremitäten beginnen und sich langsam zur Körpermitte vorarbeiten. Zu schnelles Kühlen belastet den Kreislauf zusätzlich. Trinkwasser anbieten. Der Hund muss aber selbstständig schöpfen, niemals einflößen! Dann so schnell wie möglich zum Tierarzt.

Autor: Moritz Englert