09.11.2023
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11 Min

Praxis FischundFang

Fangen im Spazierengehen

Trotting nennen es die Engländer, wenn sie mit der Angelrute am Fluss entlanggehen. David Böttcher zeigt, wie er auf diese Weise im Spazierengehen Fische fängt.

Fangen im Spazierengehen

Bild: David Böttcher

In der Hocke passe ich mit meiner leichten Posenrute gerade so in die Lücke zwischen diversen Ästen, die sich praktischerweise genau an einer tiefen, ausgespülten Flusskurve auftut. Die Strömungspose lasse ich einfach unter der Rutenspitze ins Wasser eintauchen, um sie dann langsam abtreiben zu lassen. Meine gerade so aus dem Wasser ragende, rote Posenspitze ist eben noch so in meinem Blickfeld, bevor sie mit einem plötzlichen Ruck unter Wasser gezogen wird. Der blitzschnelle Anschlag sitzt, und ein kapitales Rotauge wehrt sich heftig an der Matchrute. Ein toller Einstand, schließlich war dies meine erste Drift des Tages am kleinen Flüsschen mitten in der Großstadt.

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Erste Stelle, erster Stopp und gleich mal ein schönes Rotauge. (Bild: David Böttcher)

An Flüssen und Bächen sehe ich selten jemanden aktiv mit der Pose angeln. Meistens sind hier Spinnfischer mit leichtem Gerät unterwegs, oder aber Ansitzangler feuern Futterkörbe und Sargbleie in die Flussmitte, um dort auf Friedfische oder Aale anzusitzen. Ich bin jedoch in letzter Zeit häufig mit der Posenrute am Wasser. Denn mit kaum einer Angelmethode kann man ­ das ganze Jahr über so zuverlässig und mit einer hohen Frequenz Fische fangen. Bachbewohner sind aufgrund der ständig vorherrschenden Strömung selbst bei kälterem Wasser noch recht aktiv und zudem daran gewöhnt, vorbeitreibende Nahrung in Form von Insekten einzuschlürfen. Dementsprechend ist es naheliegend, unsere Köder genau so auf natürliche Weise zu präsentieren.Theoretisch ist jedes fließende Gewässer zum Trotting geeignet. Ich be­vorzuge jedoch eher schmalere Flüsse, am liebsten jedoch sich besonders stark schlängelnde Bäche. Kurven sind bekanntlich immer besondere Fischmag­neten und dazu in der Regel auch noch schön tief ausgespült.

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Manchmal wird es etwas eng am stark bewachsenen Ufer, dann muss man halt in die Hocke gehen. (Bild: David Böttcher)

Breite Fischpalette

Die Könige der Zielfische beim Trotting sind mit Sicherheit der Döbel und die Barbe. Jedoch kommen beide Arten in meinen Heimatgewässern leider nur sehr selten vor. Aber zum Glück sind sämtliche Friedfische ebenfalls scharf auf treibende Köder, und auch Barsche und Forellen zählen zur üblichen Trotting-Beute. Man sollte jedoch darauf achten, dass in einigen ausgewiesenen Salmonidenstrecken das Naturköderangeln gänzlich verboten sein kann. Für einen Trotting-Ausflug brauche ich nicht viel Gepäck einzuplanen. Zunächst entscheide ich mich meistens für eine Posenrute, die ruhig 3,60 Meter lang sein darf. Nur wenn eine dichte Ufervegetation es erfordert, greife ich zu einem kürzeren Modell. Eine kleine Rolle mit 0,20er Monofilschnur bildet das passende Pendant. Gerne montiere ich dann eine tropfenförmige Strömungspose mit etwa einem Gramm Tragkraft. Wichtig ist mir, dass der Köder schnell in Grundnähe kommt. Hierfür sorgt eine Kette von kleinen Schrotbleien, die vom Posenkörper bis etwa zehn Zentimeter über den Haken reicht. Der Haken selbst darf ruhig ein einfacher Vorfachhaken aus der Tüte sein, am besten erstmal in Größe 12. Je nach Situation, habe ich aber auch Modelle in den Größen 8 bis 14 in der Tasche. Die feststehende Pose wird schließlich auf die entsprechende Tiefe eingestellt, die ich vorher mittels Klemmblei auslote. Viel Aufwand braucht es also nicht, um erfolgreich Trotting zu praktizieren.

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Die Montage ist recht einfach gehalten, sie muss nur ein bisschen der Tiefe und Strömungsgeschwindigkeit angepasst werden. (Bild: David Böttcher)

Leichtes Gepäck

Was das Gepäck betrifft, ist ein leichter Rucksack mein ständiger Begleiter bei diesem aktiven Angeln. Mehr als ein paar Ersatzhaken, Bleischrote, ein Lotblei und ein Posenrohr mit einigen Ersatzmodellen muss eigentlich nicht mit. Ein kleiner Klappkescher kann ebenfalls nicht schaden, falls mal ein besserer Fisch einsteigt. Mehr aus rechtlichen Gründen habe ich auch noch eine kleine Abhakmatte dabei, denn die ist an meinem Hausgewässer vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Das Posenrohr mit unterschiedlichen Modellen ist übrigens unverzichtbar. Wird das Fließgewässer zu flach, oder fressen die Fische an der Oberfläche, ist meine Strömungspose nicht mehr zu gebrauchen. Dann kommt eine kurze Mini-Pose oder eine durchsichtige Wasserkugel ohne zusätzliches Bleigewicht zum Einsatz. So kann ich dann sehr flach fischen oder sogar ein schwimmendes Stück Weißbrot präsentieren. Das ist dann eher etwas für den Sommer. Echte Trotting-Profis haben übrigens noch einen weiteren Gegenstand im Gepäck: eine sogenannte Centrepin-Rolle. Das optisch sehr an eine Fliegenrolle erinnernde Gerät wurde ausschließlich für diese Angelei entwickelt.

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Viel Gepäck kann man nicht gebrauchen und ist auch nicht nötig. Alles sollte in eine kleine Box bzw. den Rucksack passen. (Bild: David Böttcher)
Die Centrepin besitzt keinen Bügel. Denn die treibende Pose soll widerstandslos Schnur von der Rolle abziehen können. Somit kann man die Montage sehr weit, gerne Dutzende Meter abtreiben lassen. Beim Biss legt man einfach die Hand an den Knauf und kann somit den Anhieb setzen. Eine Bremse ist ebenfalls integriert, alternativ kann man zusätzlich mit dem Finger abbremsen. Per Stationärrolle und offenem Bügel funktioniert das Trotting allerdings auch. Daher bleibe ich persönlich lieber bei meinem Allround-Gerät. Übrigens: Wer seine Pose weit abtrei­-ben lassen will, sollte zu einer schwimmenden Schnur greifen. Es gibt im Fachhandel spezielles Schnurfett, mit dem man die letzten Meter der Hauptschnur einfetten kann. Untergehende Schnur kann ansonsten die Pose verziehen und auch den Anhieb behindern.

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Die echten Trotting-Profis gehen mit einer Centrepin los, eine Stationär­rolle tut es aber selbstverständlich auch. (Bild: David Böttcher)

Die Zehn-Grad-Regel

Ansonsten habe ich ködertechnisch eine schöne Faustformel: Bei einer Wassertemperatur über zehn Grad nehme ich am liebsten zwei Maden. Darunter werden klassische Regenwürmer meiner Erfahrung nach viel lieber eingesaugt. Meine Zehn-Grad-Regel gilt übrigens auch für das Anfüttern. Bei wärmerem Wasser habe ich einen kleinen Eimer mit Grundfutter dabei, womit ich mir eine schöne, kleine Futterspur lege. Gerne nehme ich hier etwas gröberes Material, damit die Strömung nicht alles wegspült. Aktive Fische kommen somit in einen richtigen Fressrausch und bleiben auch längere Zeit am Platz. Ist das Wasser kälter, droht eine Übersättigung der Fische. Das Schöne ist jedoch, dass man jederzeit ohne großen Aufwand den Platz wechseln kann. Sind die Fische an einer Stelle übersättigt oder aus sonstigen Gründen beißfaul, geht es einfach eine Ecke weiter. Das Wort Trotting kommt schließlich auch nicht von ungefähr, denn Stück für Stück kann man hier sehr effektiv Strecke machen.

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Futter muss man nicht dabei haben, aber an spannenden Stellen eine Handvoll einfaches Futter einzuwerfen, kann nicht schaden. (Bild: David Böttcher)

Meiner Erfahrung nach stehen die Fische zudem sehr konzentriert. An einigen Plätzen - meistens sind das aus­gespülte Kurven - gibt es Biss auf Biss. Andere Ecken hingegen beherbergen offensichtlich kaum einen Fisch und werden beim nächsten Rundgang einfach ausgelassen. Manchmal ist es sogar sehr hilfreich, ein Paar Watstiefel anzuziehen. An flacheren Abschnitten kommt man so noch an Stellen heran, die selten einen Angler gesehen haben. Der Vorteil davon liegt auf der Hand.
Mir ist es zudem wichtig, mich sehr umsichtig und leise am Platz zu verhalten. Besonders wenn ich eine neue Stelle betrete, bin ich für meine Verhältnisse auf Samtpfoten unterwegs. Wer kennt es nicht: Man betritt einen Angelplatz und sieht einen dicken Schwall am Ufer, der einen aufgescheuchten Fisch verrät. Diesen will ich aber nicht aufscheuchen, sondern fangen! Bei kleinen Gewässern sollte man also Vibrationen am Boden und einen Schattenwurf auf dem Wasser möglichst vermeiden.

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Eine Erweiterung des kleinen Flusses. Da muss es selbstverständlich Bewohner geben. (Bild: David Böttcher)

Angeln mit Bodenhaftung

Es gibt noch eine ähnliche Schwestermethode, die in bestimmten Gewässertypen ebenfalls sehr gut funktioniert. Die Rede ist vom sogenannten Roving (zu Deutsch: Umherziehen oder Vagabundieren). Ein toller Name - und natürlich kommt auch diese Methode aus dem Mutterland des Friedfischangelns, nämlich England. Hierbei ersetzt man die Pose nebst Bleikette einfach durch ein rundes Blei, welches frei auf der Schnur läuft. Dieses rollt dann mit der Strömung über den Gewässergrund und der beköderte Haken entsprechend hinterher. ­Besonders an schnell fließenden, klaren Flüssen funktioniert dies wunderbar. ­Insbesondere beim Barbenangeln stellt das Roving einen Trumpf dar! Allerdings ist ein relativ sauberer und hängerfreier Gewässergrund hierbei unerlässlich. Mein Stadtfluss liegt zum Beispiel in einem bewaldeten Park und ist daher aufgrund zahlreicher Äste auf dem Grund gänzlich ungeeignet für das Roving. Übrigens geht es auch noch simpler: Wer mit langer Rute am kleinen Bach fischt, kann seinen Köder auch einfach an freier Leine anbieten. Die Bissanzeige ist zwar nicht so akkurat wie mit einer Pose. Aber feiner und natürlicher geht es dann wirklich nicht mehr. Alles in allem haben wir es hier also mit einer ziemlich facettenreichen Angelei zu tun.

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Auch an der nächsten Stelle gleich ein Fisch, dieses Mal eine kleine Güster. (Bild: David Böttcher)
 
Geräte-Check Rute:
Lange Posenrute mit etwa 3,60 Metern Länge, zum Beispiel Cormoran Trout and Float.
Rolle: Einfache Allround- Stationärrolle, zum Beispiel Wild Devil Baits Devil Spin FD 4.000 oder Cormoran CorCraft BR 5PiF Freilaufrolle. Alternativ Centrepin-Rolle. Schnur: Etwa 0,20er Monofilschnur, zum Beispiel Angel Berger Spezial Line Weißfisch.
Haken: Scharfe Vorfachhaken in den Größen 8-14.
Köder: Maden, Rotwürmer, Brotflocke.
Sonstiges: Etwas Grundfutter, Kescher, Hakenlöser.
Bei Bedarf Watstiefel und eine leicht transportierbare Sitzgelegenheit.
 

Autor: David Böttcher