15.09.2024
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WUH
Ausgabe 17/2024
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7 Min

Kadaversuche mit der Drohne

Der ASP auf der Spur

Restriktionen und Zäune sind die Sinnbilder der Afrikanischen Schweinepest. Dahinter sind neben Hundegespannen v. a. Drohnenpiloten auf der Suche nach Kadavern und infizierten Sauen. Alexander Mohr von CopterPro gibt Einblicke.

Der ASP auf der Spur

Bild: istockphoto.com/vkr_zt

Was bedeutet die Kadaversuche?

Die ASP zieht immer weitere Kreise in Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Es werden verschiedene Maßnahmen getroffen, um die Ausbreitung zu stoppen. Dazu gehört die Untersuchung und ­Beseitigung von Wildschweinkadavern. Um diese zu finden, kommen neben Suchhunden auch Drohnen zum Einsatz, um die Kernzonen zu befliegen. Die erstrecken sich meist über mehrere Kilometer und beinhalten oft schwer zugängliches Gelände. Um diese Be­reiche trotzdem schnell, großflächig und zuverlässig zu kontrollieren, werden Wärmebilddrohnen eingesetzt.

Technische Voraussetzungen

Es werden Drohnen mit hochauflösender Wärmebild- sowie Normalbild­kamera und Scheinwerfer genutzt, um kranke oder bereits verendete Stücke von lebenden unterscheiden zu können. Zudem müssen bestimmte Funktionen wie Standortmarkierung integriert sein. Um komplett witterungsunabhängig zu sein, nutzen wir Drohnen, die nach Schutzart „IP54“ gegen Regen ­geschützt sind. Die Akkus sollten über eine lange Laufzeit verfügen, trotzdem benötigt man eine entsprechende im Fahrzeug verbaute Nachlademöglichkeit durch bspw. Wechselrichter. Auch eine ­Ersatzdrohne ist zwingend notwendig, falls es zu Störungen oder einem ­Absturz kommen sollte.

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Die Befliegungen finden aus Temperaturgründen nachts statt. Alexander Mohr hat dazu professionellste Ausrüstung. (Bild: Michael Stadtfeld)

Einsatzgrundlagen

Wir sind in die Kadaversuche involviert und befliegen in Rheinland-Pfalz Kernzonen. Gesteuert werden die Aufträge dort von den Landesforsten als ausführende Institution des Ministeriums. Nachdem ein Gebiet zur Kernzone ernannt wird, folgt ein entsprechender Anruf, und es muss schnell gehen. Die Suche per Drohne findet bei Nacht ab ca. 21 Uhr statt, um die besten Wärmeunterschiede zwischen Kadaver und Umgebung zu gewährleisten. Würde man bei den aktuellen Tages­temperaturen fliegen, wäre die Wahrscheinlichkeit zu groß, in den teils dichten Wäldern Wild zu übersehen. Bis morgens fliegen wir – je nach Geländestruktur – eine Fläche von 1 000 bis 1 500 ha ab. Dabei detektieren wir ­jedes Stück Schwarzwild, das wir finden können. Alle Flächen werden ­systematisch abgeflogen, um möglichst jedes Stück zu erfassen.

Sau im Fokus

Finden wir eine Sau, wird ein GPS-Punkt gesetzt, und es werden Fotos, sowie Videos davon angefertigt. Gleichzeitig schauen wir aus der Luft nach ASP-typischen bzw. unnatürlichen Verhaltensweisen. Zusätzlich wird im Nachgang das Foto- und Videomaterial erneut ausgewertet. Kadaver lassen sich selbst nach 3 bis 6 Tagen noch aus Höhen von 80 bis 100 m mit dem Wärmebildgerät bestätigen. Das liegt am Verwesungs­prozess, bei dem die Stücke durch Faulgase ­blähen, und zu einem späteren Zeitpunkt am Massenbefall von Maden und anderen Organismen. Entdecken wir einen Kadaver, wird ebenfalls zuerst der GPS-Punkt festgehalten. Durch die Normalbildkamera wird anschließend sicher bestätigt, dass es sich tatsächlich um eine verendete Sau handelt, und weitere Maßnahmen eingeleitet. Sind die Kadaver anhand ihrer Überreste nicht mehr identifizierbar, weil das Stadium der Verwesung bereits zu fortgeschritten ist, werden die Koordinaten anschließend von Suchhundegespannen kontrolliert.

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Ein Kadaver festgehalten mit hochauflösender Echtbilddrohne (r.) und aus Sicht der Wärmebilddrohne (l.). Faulgase und Organismen erzeugen auch am eingegangenen Stück eine klar erkennbare Signatur. (Bild: Alexander Mohr)

Kadaver gefunden, was nun?

Wird ein Kadaver entdeckt, wird er ­direkt am Morgen von speziell nach ­Veterinärbehördenvorgaben ausgebildeten Bergetrupps entnommen. Längst nicht jede verendete Sau hat automatisch die ASP. Auszuschließen ist das jedoch erst dann, wenn die Stücke entsprechend untersucht wurden. Bis zum Ergebnis wird immer davon ausgegangen, dass das Stück befallen ist, und es werden entsprechende ­Sicherheitsmaßnahmen eingehalten.

Auswertung der Flugdaten

Nach der Befliegung werden sämtliche Flugdaten ausgewertet. Dazu müssen alle Flüge in eine Software exportiert werden, damit sie mit allen notwendigen Informationen an die Behörden übermittelt werden können. Auch die Bilder und Videos müssen ihnen zur Verfügung gestellt werden. Dazu haben wir einen eigenen ASP-Kurs entwickelt, damit der von den Behörden ­vorgegebene Ablauf erfüllt wird.

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Alle Daten, wie Flugrouten, Fotos und Videos, müssen den auftraggebenden Behörden übermittelt werden können. (Bild: Alexander Mohr)

Risiko Drohnenteam?

Die Drohnenteams kümmern sich nur um das Befliegen und Lokalisieren von Wild bzw. Kadavern. Mit der Entnahme befallener Stücke haben sie nichts zu tun. Trotzdem müssen sie die Kleidung nach den Flügen wechseln und entsprechend waschen sowie Fahrzeugreifen nach den Einsätzen gewissenhaft desinfizieren. So soll verhindert werden, dass sich das Virus über die Einsatzteams verbreitet.

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Die Drohnenteams müssen vorgegebene Hygienestandards erfüllen, damit sie nicht selbst zum Überträger der ASP werden. (Bild: Michael Stadtfeld)

Voraussetzungen zur Kadaversuche

Man muss zwischen rechtlichen ­Aspekten, dem Know-how des Piloten bzw. der Teams und dem passenden Equipment unterscheiden. Um nachts mit der Drohne außerhalb der Sichtweite fliegen zu dürfen, benötigt man einen EU-Fernpilotenzeugnis „A2“ sowie eine spezielle Genehmigungen der Luftfahrtbehörde. Der „A2“-Schein ist der „große Drohnenführerschein“, den man ebenfalls benötigt, wenn man den ­Mindestabstand zu Wohngebäuden, ­Gewerbegebieten, Autobahnen etc. ­unterschreiten möchte.
Zudem benötigt man die entsprechende Ausrüstung. Irgendeine ­Drohne allein führt nicht zum Ziel: Die Hinderniserkennung bei Drohnen benötigt Licht, um voll funktionsfähig zu sein. Trotzdem müssen wir die Wärmequellen ordentlich ansprechen, was oft ­bedeutet, sehr tief fliegen zu müssen. Stürzt eine Drohne durch bspw. Kollision ab, benötigt man sofort eine weitere, die auch bei Regen und Schnee einsatzfähig ist, um den Auftrag abschließen zu können, zudem eine dauerhafte Stromversorgung, die Flüge von über 10 Std. gewährleistet. Die Kosten für das komplette Equipment belaufen sich auf mehrere Zehntausend Euro!
Des Weiteren ist der Nachtflug, dort, wo man sich nicht auskennt, eine echte Herausforderung. Man muss die Drohne zu 100 % beherrschen, um sich bei diesen schwierigen Bedingungen auf die Suche konzentrieren zu können. Und nur mit ausreichend Erfahrung lässt sich das Wild aus der Luft finden und genau ansprechen. Sommerlich-milde Temperaturen, wärmespeichernde Steine und dichte Wälder ­bilden dabei die Königsdisziplin. Grundsätzlich sollte man die Kadaver­suche nur dann durchführen, wenn man die genannten Qualifikationen besitzt, da man sonst schnell an seine Grenzen kommt und für die ­Gesellschaft wichtige Aufträge nicht gewissenhaft ausführen kann.

Autor: Alexander Mohr