05.05.2024
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WUH
Ausgabe 10/2024
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3 Min

Frag die Wissenschaft

Schlechte Sommerdecke

In der Blattzeit wurde ein junger Bock geschossen, weil seine Decke viele Fehlstellen aufwies. Der ca. 2-Jährige war organisch gesund und wog aufgebrochen 15 kg. Was ist die Ursache für das schlechte Haar? Heinrich Fink, E-Mail

Schlechte Sommerdecke

Bild: Privat

Die Decke des Rehbocks weist zumindest auf der linken Körperseite in der Brust- und Bauchregion ein defektes Haarkleid auf. Dabei handelt es sich um Haarverlust, genauer entweder um ein zu geringes Haarwachstum, erhöhten -ausfall (Alopezie), -bruch oder einen -strukturschaden. Oftmals ist das Haar nur sekundär geschädigt, da meist eher die Haut das eigentliche Problem darstellt, was aber so nicht direkt sichtbar ist. 2-mal im Jahr, wenn Rehe umfärben, wäre ein derartiges Bild eher normal. Aber laut Angabe wurde das Stück während der Blattzeit erlegt.

Grundsätzlich kommen 2 Optionen in Betracht: entweder eine primäre Hautkrankheit (wie Dermatitis oder Dermatose) oder eine Krankheit des sonstigen Organismus, die sich sekundär im Erscheinungsbild der Decke/Haut niederschlägt. Diese unterliegenden inneren Möglichkeiten sind so vielzählig und variabel, dass man nur spekulieren kann.

V. a. beim Wild sind hier zunächst eine Vielzahl an möglichen parasitären Insekten oder deren Einfluss z. B. durch Stiche zu beachten. Diese lösen Juckreiz aus. Durch das Scheuern an Bäumen wird das Haarkleid geschädigt. Problematisch ist, dass durch das kratzbedingte mechanische Reiben eine Dickenzunahme der Haut sowie weitere kleine Verletzungen in ihr ­gesetzt werden, die die eventuelle Entzündung verstärken. Dabei können sich auch die Haarwurzeln entzünden und ihrerseits reißen, womit es erneut zu einer Entzündung als Reaktion auf Haarbestandteile in der Haut kommt – ein Teufelskreis.

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Die schlechte Sommerdecke des erlegten Bockes kann viele Ursachen haben. (Bild: Heinrich Fink)

Die Haut setzt sich aus Ober-, Leder- sowie Unterhaut zusammen und bildet mikroskopisch noch weitere Unterschichten. In der Dermatologie der Veterinärmedizin wird zur genaueren Einteilung von Hauterkrankungen nach klinischen Angaben mikroskopisch eine Musteranalyse verwendet. Die Oberhaut kann aufgehen oder es können sich Blasen in ihr bilden, die als Pusteln bezeichnet werden, wenn sie mit Entzündungszellen gefüllt sind. Entzündungszellen häufen sich auch in verschiedenen Hautlagen, was zum Haarwachstumsstopp führen kann. Diverse Stoffwechselprobleme oder Mängel von z. B. Fetten, Proteinen, Vitaminen, Zink oder anderen Spurenelementen spielen weiterhin eine Rolle. Aber auch die Aufnahme von Übermengen bestimmter Gifte ist ursächlich möglich. Immunologische Komponenten, wie Allergie oder Autoimmunreaktion, stellen weitere Optionen dar. Auch hormonelle Ungleichgewichte oder Tumore können sich im Erscheinungsbild der Haut äußern, wobei letztere beim Wild nach wie vor sehr selten sind. In diesem Fall wäre v. a. das Stück unterhalb der Decke zu bewerten. Wenn es hochgradig abgekommen ist oder andere innere Auffälligkeiten aufweist, sollte das Wildbret nicht verzehrt werden.
 
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Autor: Dr. Iris Völker