Interview mit JGHV und LJV Niedersachsen
Schliefenfuchs auf Dänisch
Niedersachsens Umweltministerin Mirian Staudte (Bündnis 90/Die Grünen) reiste Anfang Juli zum Dänischen Jagdverband, um sich dort über Schliefanlage zur Einarbeitung von Bauhunden zu informieren, die mit einem mechanischen Fuchs ausgestattet sind. JGHV und Vertreter des Landesjagdverbandes Niedersachsen waren mit vor Ort. WuH-Redakteur Michael Woisetschläger sprach mit den Verbänden.

Bild: Michael Woisetschläger/KI
Im Zug der aktuellen Debatte um die Zukunft der Baujagdausbildung in Niedersachsen rückt das Thema tierschutzgerechte Gestaltung von Schliefanlagen verstärkt in den Fokus. Der traditionelle Einsatz eines zahmen Fuchses zur praxisnahen Einarbeitung von Bauhunden steht politisch zunehmend unter Druck. In Niedersachsen macht sich Umweltministerin Miriam Staudte (Bündnis 90/Die Grünen) für eine angeblich tierschonendere Alternative stark. Im Rahmen einer offiziellen Exkursion besuchte sie Anfang Juli eine moderne Schliefanlage im dänischen Randers, in der bereits mit dem sogenannten „SimFox“ gearbeitet wird – einem mechanisch betriebenen Fuchsersatz. Mit dabei waren Karl Walch, Präsident des Jagdgebrauchshundverbandes (JGHV), und Ernst-Dieter Meinecke als Mitglied des Präsidiums des Landesjagdverbandes Niedersachsen (LJV). Vor Ort konnten sie sich ein Bild von der Anlage und der Trainingspraxis machen..

JGHV/LJV Niedersachen: Der Termin war vom dänischen Jagdverband sehr gut organisiert. Neben der Präsentation der mechanischen Fuchsattrappe (SIM-Fox) informierten die Dänen auch über die Hintergründe, wie es dort zur Einführung dieser Methodik kam. Eine Situation, die mit der hier bei uns in Niedersachsen nicht vergleichbar ist. Im Ergebnis, und da sind wir uns mit den Experten vom Jagdgebrauchshundverband und auch den Berufsjägern in Niedersachsen einig, ist dieser Roboterfuchs keine ausgereifte Alternative zu unserer bewährten Ausbildung der Jagdhunde in Schliefanlagen.
WuH: Sehen Sie im mechanischen Fuchs eine echte Alternative zur Arbeit mit dem lebenden Fuchs – sowohl unter tierschutzrechtlichen als auch ausbildungstechnischen Gesichtspunkten?
JGHV/LJV Niedersachen: Eine echte Alternative sehen wir im mechanischen Fuchs nicht. Einige Aspekte der Ausbildung sind mit dieser Methode trainierbar, so das Einschliefen des Hundes in ein Bausystem, das Verbellen oder das Abrufen des Hundes. Das entscheidende allerdings, nämlich das natürliche Verhalten von Jagdhund und Fuchs bei einem Aufeinandertreffen unter realen Bedingungen, fehlt völlig. Das ist aus Sicht des Tierschutzes keine Verbesserung - im Gegenteil! Bei der in Dänemark angewandten Methode treffen Fuchs und Bauhund zum allerersten Mal in der praktischen Jagdausübung aufeinander – ohne das der Hundeführer auch nur ansatzweise weiß wie sein Hund reagiert. Das ist unter Tierschutzgesichtspunkten sehr viel bedenklicher, als bei der Ausbildung in der Schliefanlage. In unseren Schliefanlagen ist es anders: Hund und Fuchs treffen unter kontrollierten Bedingungen - ein Körperkontakt ist ausgeschlossen - aufeinander und der Hundeführer ist in der Lage, das Verhalten seines Hundes zu prüfen, Lernprozesse zu steuern und ggfs. Verhaltenskorrekturen durchzuführen. Der junge Hund wird auf den Fuchs geprägt und erlernt das für die Ausübung der Baujagd so wichtige Respektverhalten gegenüber dem Fuchs. Beides ist an einem mechanischen Kunstfuchs nicht möglich. Aus unserer Sicht entspricht daher die klassische Schliefanlage weitaus mehr den Anforderungen des Tierschutzes und dies sowohl für den Hund als auch für den Fuchs. Gerade vor diesem Hintergrund stellt die SIM-Fox-Methode keine Alternative zur Ausbildung in der Schliefanlage dar.

JGHV/LJV Niedersachen: In Deutschland sind die jagdlichen Prüfungen – insbesondere im Bereich der Bauhunde – eng mit dem Nachweis natürlicher Anlagen und Verhaltensweisen verknüpft. Die Prüfungsordnungen der Erdhunde-Zuchtverbände im JGHV erfordern eine realitätsnahe Eignungsfeststellung, bei der insbesondere Lautverhalten, Passion, Durchhaltevermögen und Respekt vor dem Wild geprüft werden müssen. Diese Elemente sind im dänischen System nicht abbildbar. Die Ausbildung mit einem mechanischen Fuchs kann einzelne Elemente wie das Einschliefen oder den Rückruf simulieren, erlaubt aber keine belastbare Aussage zur Eignung des Hundes für die praktische Jagdausübung. Daher sehen wir im dänischen System keinen geeigneten Ersatz für die tierschutzgerechte, kontrollierte Ausbildung an lebendem Wild in deutschen Schliefanlagen. Gleichwohl nehmen wir die Entwicklungen in anderen Ländern zur Kenntnis und begrüßen den fachlichen Austausch – auch, um eigene Standards kontinuierlich zu reflektieren und – so nötig – weiterzuentwickeln.
JGHV/LJV Niedersachen: Gemeinsam mit dem JGHV werden wir alles daran setzen. Ich komme da wieder auf den Tierschutz zurück: Es gibt keine überzeugende Ausbildungsalternative, die Hund und Fuchs in diesem Sinne gleichwertig schützt. In der Diskussion um die Arbeit in der Schliefanlage werden von den Kritikern häufig einige zentrale Punkte weggelassen bzw. missverständlich formuliert: Das beginnt schon damit, dass es schon jetzt strenge gesetzliche Vorgaben für den Betrieb von Schliefanlagen gibt und diese auch regelmäßig von den Veterinärämtern kontrolliert werden. Dazu gibt es auch eine eindeutige Rechtssprechung. Es setzt sich fort damit, dass nicht klar herausgestellt wird, dass es sich um an den Menschen gewohnte, handaufgezogene Füchse, also keinesfalls Wildfänge handelt. Und auch die Tatsache, dass es bauartbedingt gar nicht zu einem direkten Kontakt zwischen Fuchs und Jagdhund kommt, wird häufig nicht mitkommuniziert. Wenn diese Punkte in einer fachlich geführten Diskussion – und nur das kann Grundlage von Entscheidungsprozessen sein – ausreichende Berücksichtigung finden, haben wir die Argumente auf unserer Seite.
WuH: Ein häufiger Kritikpunkt ist der mangelnde Praxisbezug technischer Alternativen. Haben Sie den Eindruck, dass Hunde in Dänemark durch den SIM-Fox auch in der Praxis ausreichend vorbereitet sind?
JGHV/LJV Niedersachen: Das ist ein weiterer Kritikpunkt auch unsererseits: Es gibt schlichtweg überhaupt keine Untersuchungen oder Studien die belegen würden, dass Jagdhunde die durch die Methode mit dem SIM-Fox ausgebildet wurden, genauso und gleichwertig tierschutzgerecht in der jagdlichen Praxis agieren und arbeiten. Wir hingegen können in Deutschland über viele, viele Jahrzehnte den Nachweis führen, dass unser System funktioniert. Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang ist, dass auch die Zucht- und Anlagenprüfung für Jagdhunde – eine der tragenden Säulen im Jagdhundewesen – nicht möglich ist, da das natürliche Verhalten des Hundes nicht überprüft werden kann, ein Punkt, den die Dänen übrigens auch bei unserem Besuch ganz unumwunden zugegeben haben.

JGHV/LJV Niedersachen: Die Einführung technischer Hilfsmittel ist ja grundsätzlich auch im Jagdwesen nichts ungewöhnliches. Denken Sie z.B. an den Bereich der Ausrüstung: Technische Innovationen sind hier „an der Tagesordnung“. Wichtig ist aus unserer Sicht aber immer auch die Frage ob solche Innovationen unter fachlichen Gesichtspunkten zu einer Verbesserung führen. Aus unserer Sicht ist dies eben bei der Methode SIM-Fox nicht der Fall – gerade im Hinblick auf den Tierschutz.
JGHV/LJV Niedersachen: Die Rückmeldungen aus der Jägerschaft und von Verbandsrichtern zum mechanischen Fuchs waren durchweg kritisch. Bereits während des Besuchs in Dänemark wurde deutlich, dass das System zwar technisch interessant ist, aber jagdlich entscheidende Elemente – wie den Respekt am Wild und die Triebkontrolle – nicht abbilden kann. Nach der Rückkehr wurde vor allem betont, dass der Sim-Fox zur Einarbeitung junger Hunde in bestimmten Bereichen nützlich sein kann, für die Beurteilung der jagdlichen Eignung, das Erlernen jedweden Respektverhaltens und insbesondere für Prüfungen, zur Ermittlung des Erwerbwertes der zur Zucht eingesetzten Elterntiere jedoch völlig ungeeignet ist. Die einhellige Einschätung lautet: Eine echte Alternative zur kontrollierten Arbeit am lebenden Fuchs stellt das System nicht dar.
WuH: Die politische und gesellschaftliche Entwicklung scheint langfristig einen Umstieg auf technische Alternativen auch in Deutschland erzwingen zu wollen – wie sollte die Jägerschaft darauf reagieren?
JGHV/LJV Niedersachen: Wie wir das in der Vergangenheit auch stets getan haben: Unser Argumentation basiert auf Fakten und ist wissensbasiert. Das ist zugegeben nicht immer ganz einfach, insbesondere wenn die Kritiker und Gegner, wie es bei der Arbeit in der Schliefanlage der Fall ist, emotionalisieren, in Teilen auch polemisieren und auf Fakten weitestgehend verzichten. Das kann aber nicht die Entscheidungsgrundlage für politisch Verantwortliche und/oder Gesetzgebungsprozesse sein. Hier muss die Fachlichkeit im Vordergrund stehen und da haben wir die Argumente, insbesondere unter Tierschutzgesichtspunkten, auf unserer Seite. Wir erwarten von der Politik, dass diese auch entsprechend berücksichtigt werden und nicht auf Basis von ideologischen geprägten Vorstellungen entschieden wird.
JGHV/LJV Niedersachen: Wie es in Niedersachsen weitergeht werden wir sehen. Klar ist, wir erwarten, dass die regierungstragenden Fraktionen ihr Wort halten und es bei der anstehenden Novelle unseres Landesjagdgesetzes keine Änderung am bewährten System der Schliefanlagen gibt. So haben es die Fraktionen stets betont, öffentlich kommuniziert und so steht es auch in dem Eckpunktepapier des Landwirtschaftsministeriums. Die Exkursion kann daher nur zum Ziel gehabt haben, die dort gesammelten Informationen in einen Abwägungsprozess einfließen zu lassen und zu überlegen ob und wenn ja, welche Punkte in der Praxis in Niedersachsen weiterentwickelt werden können.
Unabhängig davon ist die Zusammenarbeit zwischen LJN und JGHV sehr eng und vertrauensvoll. Wenn es in Niedersachsen um das Jagdhundewesen geht, stehen wir Seite an Seite fest zusammen.
Autor: Michael Woisetschläger